Sterilisation, warum und wie

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Sterilisation, warum und wie

Beitrag von Mycelio » Sonntag, 26. September 2010 18:52

Das wird mal eine Erklärung...

Bis dahin:
http://de.wikipedia.org/wiki/Sterilisation
sajatdv
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Re: Sterilisation, warum und wie

Beitrag von sajatdv » Montag, 08. November 2010 11:24

Hallo,

möchte mich hier mal zur der Frage äußern, warum man bei der Pilzzucht steril vorgehen sollte und wie man sterilisiert:

Durch steriles Arbeiten versucht man dem gewünschten Pilzmycel ideale Voraussetzungen zu geben. Das Mycel soll sich auf der Petrischale, in der Nährlösung oder auf dem Getreide konkurrenzlos ausbreiten können.
Dazu werden die vorgenannten Medien sterilisiert.

Ich selbst benutze dazu entweder einen Schnellkochtopf oder mein mitlerweile umgebautes Druckbierbass.
Durch die Einflussgrößen Zeit, Druck und Themperatur töte ich mit Dampf alle Organismen ab.

Zuletzt möchte ich klarstellen, dass es sich bei mir bei der Frage, ob man sterilisiert oder nicht, nicht um eine Glaubensangelegenheit, sondern um eine nüchterne Abwägung handelt. In unseren Gärten ist es doch auch so, dass wir zuerst alles übrigen Pflanzen entfernen oder sonstwie eliminieren, bevor wir beispielsweise einen Rasen einsähen. Wir sähen doch nicht mitten zwischen die Wildkräuter und vertrauen auf die Durchsetzungsfähigkeit der Gräser.

Wie gesagt, es kann ja jeder so machen wi er/sie möchte. Wenn man jedoch vorhersehbaren Erfolg haben will, sollte man nichts dem Zufall überlassen und wirksam Schimmel und andere Konkurrenten ausschalten.

Toni
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Re: Sterilisation, warum und wie

Beitrag von Mycelio » Montag, 08. November 2010 21:32

Hallo Toni,

danke für deinen Einsatz! Ich war so frei den Absatz über deine Zweifel an unsterilen Methoden hierhin zu verschieben:
viewtopic.php?f=53&t=2348

Dieser Thread soll Einsteigern erklären, warum und wie Getreidebrut, Agar & Co sterilisiert werden müssen.

Gruß, Carsten
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Re: Sterilisation, warum und wie

Beitrag von Mycelio » Sonntag, 14. November 2010 18:34

Hallo,

wie Toni bereits andeutete, kommt es bei der Sterilisation auf Druck, Temperatur und Zeit an. Da stellt sich nun für jeden Einsteiger die Frage wieviel davon richtig ist, um Getreide, Agar, Nährstofflösungen oder Substrate steril zu bekommen.

Fangen wir mal mit Druck und Temperatur an. Dampfdruckkochtöpfe (DDKT) oder Autoklaven nutzen den Effekt, daß der Siedepunkt des Wassers bei höherem Druck ansteigt. Üblich ist dabei ein Druck von 1,05 BAR, wobei BAR den Überdruck angibt. 1,05 BAR entsprechen 2,05 Atmosphären absoluten Drucks. Unter diesen Bedingungen siedet das Wasser im Topf bei 121°C und erst bei dieser Temperatur werden alle Mikroben und deren Sporen sicher abgetötet.
Bleibt noch die Zeit. Theoretisch reicht es, das Sterilisiergut einige Minuten auf 121°C zu erhitzen, praktisch funktioniert das aber höchstens bei Petrischalen. Für alles andere gilt: je größer das Volumen des zu sterilisierenden Materials, desto länger dauert es, bis es auch im Inneren heiß genug wird. Daher muß entsprechend länger sterilisiert werden. Große Substratbeutel werden z.B. oft 1,5 bis 2 Stunden im DDKT erhitzt, bei kleineren Gläsern mit Getreide wird auch eine Stunde ausreichen.

Eins noch, der ganze Aufwand wird nicht nur wegen Schimmel betrieben, denn der stirbt bereits bei Temperaturen über 60°C nach wenigen Minuten ab, sondern mehr wegen Bakterien und deren extrem widerstandsfähigen Endosporen.

Bevor DDKTs und Autoklaven üblich waren, wurde das Verfahren der fraktionierten Sterilisation (Tyndallisierung) genutzt. Hierbei wurde das Sterilisiergut dreimal im Abstand von 24 Stunden auf 100°C erhitzt, wobei die Hitze die Endosporen zum Auskeimen anregen sollte, damit der nächste Kochvorgang dann die aktiven Mikroben abtöten kann. Heutzutage gilt die Tyndallisierung nur noch als nicht immer zuverlässige Notlösung.

Grüße, Carsten

PS: Eine Bitte and die, die schon länger dabei sind:
Postet doch bitte mal eure üblichen Sterilisierzeiten für Agar, LC, Getreide, Substrat, usw., gebt dabei aber Volumen oder Gewicht an.
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Re: Sterilisation, warum und wie

Beitrag von Reblaus » Dienstag, 16. November 2010 20:39

Sterilisiert wird bei mir im 6 Liter Dampfdrucktopf. Nach den Angaben des Herstellers schafft der 119 °C. Nachdem der Topf Betriebstemperatur hat, lasse ich ihn noch 45 min laufen. Danach wird der Herd ausgemacht und auf der Platte (E. Herd) belassen bis der Druck abgebaut ist. Endsubstrat wird nicht sterilisiert. Körnerbrut nehme ich gleich nach dem Sterilisieren raus und bei Platten wird gewartet bis der Topf Raumtemperatur hat (sonst Kondenswasser). Solche Späße wie Tuch mit Isoprop über das Ventil, wie Stamets es beschreibt, lasse ich weg. Das funktioniert auch so zuverlässig.
Für Brut nehme ich maximal die 750 ml Gläser (max. 3/4 voll), mit Löchern im Deckel und abgedeckt mit Alufolie. Platten werden in einen hitzebeständigen Folienbeutel gestappelt, dieser mit Klipp verschlossen und dann in den Topf gestellt.
Ich nehme für alle Anwendungen die selbe Zeit.
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Re: Sterilisation, warum und wie

Beitrag von Mycelio » Freitag, 29. April 2011 23:10

Habe die Sterilisierzeiten in der letzten Zeit noch mal gründlicher getestet, indem ich dutzende von Gläsern mit Holz-, Stroh- und Kompostsubstraten (alle incl. Getreide) sterilisiert habe und sie dann vor dem Beimpfen wochenlang stehen ließ. Für große Gurkengläser reichten 45 Minuten, bei kleinen Gläschen 30, ohne daß irgendwo auch nur eine einzige Konti auftrat.

Grüße, Carsten
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Re: Sterilisation, warum und wie

Beitrag von Chemiefreak » Montag, 06. Mai 2013 23:33

sajatdv hat geschrieben:Hallo,

möchte mich hier mal zur der Frage äußern, warum man bei der Pilzzucht steril vorgehen sollte und wie man sterilisiert:

Durch steriles Arbeiten versucht man dem gewünschten Pilzmycel ideale Voraussetzungen zu geben. Das Mycel soll sich auf der Petrischale, in der Nährlösung oder auf dem Getreide konkurrenzlos ausbreiten können.
Dazu werden die vorgenannten Medien sterilisiert.

Ich selbst benutze dazu entweder einen Schnellkochtopf oder mein mitlerweile umgebautes Druckbierbass.
Durch die Einflussgrößen Zeit, Druck und Themperatur töte ich mit Dampf alle Organismen ab.

Zuletzt möchte ich klarstellen, dass es sich bei mir bei der Frage, ob man sterilisiert oder nicht, nicht um eine Glaubensangelegenheit, sondern um eine nüchterne Abwägung handelt. In unseren Gärten ist es doch auch so, dass wir zuerst alles übrigen Pflanzen entfernen oder sonstwie eliminieren, bevor wir beispielsweise einen Rasen einsähen. Wir sähen doch nicht mitten zwischen die Wildkräuter und vertrauen auf die Durchsetzungsfähigkeit der Gräser.

Wie gesagt, es kann ja jeder so machen wi er/sie möchte. Wenn man jedoch vorhersehbaren Erfolg haben will, sollte man nichts dem Zufall überlassen und wirksam Schimmel und andere Konkurrenten ausschalten.

Toni
Hallo!
Was ist ein Druckbierbass?
Zuchterfolge: Pioppino, Shiitake, Kastanienseitling, Kräuterseitling, Flamingoseitling, Austernseitling, weißer Kultur-Champignon, Enoki
In der Mache: Verschiedene Stockschwämmchen, Limonenpilz, Nameko, Reishi, Stipticus Leuchtpilz, V. Bombycina, Hallimasch

Habe viel Pilzmaterial tauschfertig!
Suche Material: Flamingoseitling (meine Kultur ist tot!), alle essbaren Morcheln, Braunkappen, Leuchtpilze, Exoten, Mandelegerling oder andere Champignons die ohne Kompost wachsen (Ich tausche gerne!)

Tauscht eure Strains, z.B. hier:
http://www.bemushroomed.com
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Re: Sterilisation, warum und wie

Beitrag von ABMkoch » Dienstag, 07. Mai 2013 11:50

Chemiefreak hat geschrieben:
sajatdv hat geschrieben:Hallo,

möchte mich hier mal zur der Frage äußern, warum man bei der Pilzzucht steril vorgehen sollte und wie man sterilisiert:

Durch steriles Arbeiten versucht man dem gewünschten Pilzmycel ideale Voraussetzungen zu geben. Das Mycel soll sich auf der Petrischale, in der Nährlösung oder auf dem Getreide konkurrenzlos ausbreiten können.
Dazu werden die vorgenannten Medien sterilisiert.

Ich selbst benutze dazu entweder einen Schnellkochtopf oder mein mitlerweile umgebautes Druckbierbass.
Durch die Einflussgrößen Zeit, Druck und Themperatur töte ich mit Dampf alle Organismen ab.

Zuletzt möchte ich klarstellen, dass es sich bei mir bei der Frage, ob man sterilisiert oder nicht, nicht um eine Glaubensangelegenheit, sondern um eine nüchterne Abwägung handelt. In unseren Gärten ist es doch auch so, dass wir zuerst alles übrigen Pflanzen entfernen oder sonstwie eliminieren, bevor wir beispielsweise einen Rasen einsähen. Wir sähen doch nicht mitten zwischen die Wildkräuter und vertrauen auf die Durchsetzungsfähigkeit der Gräser.

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