Laminar flow arbeitet unsteril

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Laminar flow arbeitet unsteril

Beitrag von giftpilz » Mittwoch, 08. Mai 2013 10:24

Guten Tag,
Ich hab mir vor kurzem selber einen Laminar Flow zusammengebaut. Der sieht auch halbwegs profesionell aus. Die Konstruktion ist aus Holz, verwendet wird ein Hepa Luftfilter der Klasse H14 und ein ~600m³/h Gebläse. Das ganze wurde ähnlich der Bauanleitung auf der wohl bekannten Orchideen Webseite zusammengebaut.
Voller Vorfreude habe ich natürlich fleißig neue Agar Platten beimpft, doch diese zeigen nun durch die Bank starke Kontaminationen, was natürlich mehr als ärgerlich ist.
Woran kann das liegen? Ich habe vor Arbeitsbeginn alles mit 70% Ethanol eingesprüht, Mundschutz getragen, Einweghandschuhe, welche ich mit Ethanol eingesprüht habe, und ich habe in kurzen Abständen meine Werkzeuge mit einem Feuerzeug desinfiziert.
Aus Zeitgründen konnte ich bisher keine weiteren Versuche damit machen.

Meine bisherigen Theorien:
- Die Dampfkochtopf Sterilisation hat nicht funktioniert (sehr unwahrscheinlich, wahr bisher nie ein Problem)
- Der Filter hätte vorlaufen müssen, um Lufterreger, die sich darin in der Ruhezeit festsetzen, rauszublasen (ich habe nämlich eingesteckt und sofort zu arbeiten begonnen)
- Sterilisation mit Feuerzeug war nicht ausreichend
- Der Lüfter läuft zu stark, erzeugt Turbulenzen und wirbelt deswegen wieder unsterile Raumluft in meinen Arbeitsbereich

Was meint ihr welche Schritte ich als nächstes unternehmen sollte?

Bin für jede Hilfe dankbar, ich will nicht, dass die ganze Arbeit umsonst war.
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Re: Laminar flow arbeitet unsteril

Beitrag von ABMkoch » Mittwoch, 08. Mai 2013 16:38

Turbulent sind alle selbstgebauten Flowhoods. Die Benutzung des Wortes "Laminar Flow" für die ganzen Slebstbausachen ist irreführend. So einfach bekommt man keine Laminare Strömung. Aber man braucht sie i.d.R. auch nicht.

Wenn der Lüfter viel zu stark ist werden die Kontaminationen durch den HEPA Filter "durchgepresst" (ist nen bisschen komplizierter, aber ich denke du verstehst was gemeint ist ;). Es wäre ganz gut, wenn du die Kenndaten für Lüfter und HEPA Filter nennen würdest.

Vorlauf ist sehr wichtig. Den Filter immer erst eine Weile laufen Lassen!
War der Filter neu? Ist er mal nass/feucht geworden? Den Filter auch nicht mit Ethanol vollsprühen. Das mag der alles nicht.

Ein Foto deiner Apparatur wäre ggf. auch hilfreich.

Ein Feuerzeug reicht allemal.

Ich tippe auf den Kochtopf. Selbst wenn man eine Petrischale an der normalen Luft öffnet Kontaminieren sie nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit. Wenn bei dir alle kontaminiert sind, dann ist der DDK garantiert defekt.
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Re: Laminar flow arbeitet unsteril

Beitrag von Reblaus » Mittwoch, 08. Mai 2013 19:55

Wie sehen die Kontis aus?

Statistisch verteilt auf der Platte oder gibt es ein Muster, z.b. nur am Rand oder nur am überimpften Material oder Klonstück.

VG
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Re: Laminar flow arbeitet unsteril

Beitrag von giftpilz » Freitag, 07. Juni 2013 21:28

So also nun war ich nach längerer Zeit mal wieder zu Hause und bin schwer enttäuscht. Ein Bild des Grauens, aber seht selbst.
Bei ein paar Schalen hab ich übrigens mit 0,3% H2O2 gearbeitet, hat nicht soviel gebracht.

Dann bleibt ja irgendwie nur die Vermutung übrig, dass der Lüfter zu stark ist. So als Richtwert: Wenn ich ein gutes Feuerzeug mit einer großen Flamme vor den HEPA Filter halte wird die Flamme problemlos ausgeblasen. Also vielleicht zu viel Lüfterleistung?

http://abload.de/image.php?img=p1210270bkb2q.jpg
http://abload.de/image.php?img=p12102715cl41.jpg
http://abload.de/image.php?img=p1210272cja4p.jpg
http://abload.de/image.php?img=p1210273xtb3l.jpg


Edit: Teilweise hab ich auch mit Holdübeln beimpft. Mir ist schon klar, dass das nicht der feine Weg ist, aber ich wollte es einfach ausprobieren.
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Re: Laminar flow arbeitet unsteril

Beitrag von Reblaus » Samstag, 08. Juni 2013 05:38

Hi, mein erster Impuls war Milbeninvasion.

Die Kontis wachsen als kleine Spots obwohl Platten schon älter sind. Auch die Auster wächst nicht weiter und Ränder sind ungleichmäßig. Geh da mal mit Lupe ran.

VG
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Re: Laminar flow arbeitet unsteril

Beitrag von giftpilz » Samstag, 08. Juni 2013 08:50

Aber das Problem besteht doch schon seit mehr als drei Wochen??? Wie sollen die denn reinkommen? Beim impfen oder dann bei der Lagerung?
Velleicht liegt das unregelmäßige Wachstum auch am H2O2 ???

Kannst du denn irgendwas zur Lüfterleistung? Luftgeschwindigkeit sagen?
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Re: Laminar flow arbeitet unsteril

Beitrag von helloimac » Samstag, 08. Juni 2013 09:23

IMHO liegt das Problem
A) beim unmittelbaren Gebrauch des L-Flow nach dem Einschalten. Ich lasse zuerst einige Zeit einen Luftreiniger laufen und schalte anschliessend den Flow dazu und lasse den vor Gebrauch mindestens eine Stunde laufen.
B) Beim zu starken Luftstrom - da wird ja wohl eine Fliege noch durchgedrückt!
Bei ca. 30 cm Abstand sollte der Luftstrom am Flackern der Feuerzeugflamme erkennbar sein.
Da hilft wohl ein Regler.
Lass den Flow ja mit Besprühen und so in Ruhe.
Vorsichtshalber kannst du die Kante Tisch/Flow noch mit Klebeband abdichten.
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Re: Laminar flow arbeitet unsteril

Beitrag von Pilzhaus » Samstag, 08. Juni 2013 13:22

Hi !

Also mein erster Eindruck waren auch Milben, denn deine Schalen sind nicht verschlossen und mehrfach kontaminiert. Also verschiedenste Kontis auf einer Platte ist ein Hinweis auf Milben !

Zweitens, ein Feuerzeug ist vielseitig ! Wenn es eines mit normaler Flamme ist dann reicht das nicht aus da die Impfnadel oder der Skalpell vor Benutzung einmal an der Klinge richtig rot glühend sein sollte ! ;) Das bekommt man mit einem normalen Feuerzeug nicht hin und die machen zudem Russbildungen welche nicht gerade förderlich sind. Ideal wäre hier ein Einhandgasbrenner zB. von Proxxon. ;)

Der Hepa selbst, lass ihn eine Stunde laufen und dann sollte der Dreck raus sein. Hast du Abdeckungen an den Seiten und oben dran ? Falls ja dann kannst du ihn nach dem ersten Gebrauch immer einschalten und sofort nutzen. Ich mache meinen an, spitze die Arbeitsfläche ein und nach einer Minute geht es schon los. Das braucht zwar mehr Platz, schont aber den Hepa.

Wenn es wirklich Milben sind dann kommst du nicht umher den Hepa selbst einmal komplett einzuspritzen und dann einschalten bis er trocken ist. Nicht zu viel aber gut verteilt ! Das Holz selbst komplett abwischen, auch die Ecken ! Am besten mit Meliseptol Rapid !!!! Machst du das nicht kannst du den Filter nämlich entsorgen weil Milben den lieben. Ich hatte das Milbenproblem vor einigen Jahren mal, da hast du kaum ne Chance und darfst neu anfangen. :( Seitdem sind meine Petris immer zu, nach dem Giessen werden sie verschlossen und lagern auch so. Ich habe so alles wieder sauber bekommen. ;)

Grüsse
Andreas
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Re: Laminar flow arbeitet unsteril

Beitrag von giftpilz » Samstag, 08. Juni 2013 15:16

Also ich hab den Hepa Filter in einen extra Kasten eingebaut. Die Lüftungsschlitze sind entweder abgeklebt oder mit Matten, wie man sie auch bei Dunstabzugshauben verwendet, abgedeckt, quasi als Vorfilter.
Desweiteren hab ich nun einen Stufentrafo eingebaut (keine Potentiometer zum drosseln verwenden, die sind schlecht für Lüftermotoren), welcher den Lüfter auf 150V laufen lässt. Ich denke, das ist schonmal ein Gewinn.

Ich werde heute wieder etwas beimpfen. Vorher sprüh ich den Hepa Filter aber noch von innen und außen ein und lass ihn dann trocken lüften.

Reicht es wenn ich meine Petris mit Tesa abklebe? Parafilm ist mir zu teuer, oder spar ich da am falschen Ende?
Ich wusste zwar, dass Thripse ganz gerne mal in unverschlossene Petris reinsteuern, aber von Milben hab ich noch nie was gehört....

Ich muss zwar sagen, dass das alles ziemlich nervig ist, doch meine Motivation für Pilze bleibt ungebremst. Zudem lernt man aus Fehlern am meisten, und das kommt meinem Studium sicher auch zu gute.
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Re: Laminar flow arbeitet unsteril

Beitrag von Pilzhaus » Samstag, 08. Juni 2013 15:31

Von innen würde ich den Filter NICHT einsprühen weil er dann die Feuchtigkeit rein drückt, das ist nicht ratsam ! Von aussen sollte reichen. ;) Aber nimm etwas ganz schnell wirkendes und nicht so ein Standartzeug. Meliseptol Rapid greift den Filter nicht an, meinen zumindest nicht. Wie das mit anderem Zeug aussieht weiss ich nicht. Ferner wirkt MR sofort und nicht erst nach einigen Minuten, daher ist es am besten geeignet.

Ein Bild wäre gut, da könnte man dann ggfs. Schwachstellen sehr leicht erkennen.

Wenn du ein normales Feuerzeug mit etwa 30 cm Abstand zum Filter hälst sollte die Flamme nicht ausgehen, sich aber ordentlich zu dir hin biegen, dann ist der Druck ideal.

Tesafilm ist klebriges Zeug, vergiss das ganz schnell. Dann bleibst du mit den Handschuhen dran kleben und ehe du dich versiehst liegt die Petri am Boden. Ist mir neulich noch bei einer Plastikpetri passiert. Da war es nur gut dass ich die neue Kultur vorab schon überimpft hatte, da war es dann nicht ganz so schlimm, sonst wäre sie futsch gewesen. Nimm normale Frischhaltefolie, wenn du damit etwas länger gearbeitet hast dann weisst du wie stark man ziehen muss um alles dicht zu bekommen. ;)

Wenn du solche Laufspuren 1-2 Tage nach dem beimpfen drauf hast dann kannst du sicher sein dass es Milben sind !

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Re: Laminar flow arbeitet unsteril

Beitrag von giftpilz » Samstag, 22. Juni 2013 19:24

Hi,

Ich bin nach zwei Wochen wieder nach Hause gekommen und wurde wieder einmal enttäuscht, siehe die Bilder. Die Lüfterleistung hab ich soweit gedrosselt, dass in 30cm Abstand die Feuerzeugflamme flackert aber nicht ausgeht. Den Hepa Filter hab ich mit Ethanol eingesprüht und dann lange laufen lassen, damit er gleich wieder austrocknet. 30 Minuten Vorlaufzeit hab ich auch eingehalten.
Was könnt ihr mir empfehlen? Ich werd mir wohl demnächst mal Meliseptol kaufen. Aber habt ihr sonst noch einen Rat?
Die ganze Anlage steht in einem ehemaligen Stall, der natürlich ziemlich staubig ist...kann das ein Problem sein? Natürlich decke ich den Filter ab wenn ich ihn nicht benutze.
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Dewald
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Re: Laminar flow arbeitet unsteril

Beitrag von Dewald » Samstag, 22. Juni 2013 20:12

Hallo
Der Ulmenseitling sieht sehr acktiv aus.Er kann es nicht Abwarten.
Zu dem Hepa
Ich denke ,
Unten wird die reine Luft ausgeblasen. Danach wird Sie sofort im Bogen nach oben zu den Filtern gesaugt.(Ventilator eingang)
Dabei mischt sich e.v. fremde Verschmutzte Luft , von Ausen dazu. Ich vermute sie ströhmt unter den Armen zu den Petrischalen.Ich könnte mich irren denn ich kenne die Situation nicht genau.
Versuch mal vor den Filter eine Plastikröhre ,aus einer durchsichtigen Tüte mit einem Klebeband ,zu kleben .
Und arbeite "in" diesem sauberem Luftkanal.
Desweiteren öffne eine sterile Petrischale darin-- testweise.Und verschleise sie wieder. Ohne diese mit Skalpell oder sonstigem zu berühren .
Diese muß dann sauber bleiben.
Viel Erfolg
Gruß Dewald

PS Am Anfang kämpft man an vielen Fronten gleichzeitig. Es ist sehr mühsam alle Erfahrungen auf einmal zusammeln .
Tip.Es gibt z.b.preiswerte sterile Einweg Skalpelle und Fertige Agarplatten.
ABMkoch
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Re: Laminar flow arbeitet unsteril

Beitrag von ABMkoch » Montag, 24. Juni 2013 15:26

Erfahrungsgemäß kann ich sagen: Niemals auch nur irgendetwas in den HEPA Filter sprühen! Der Alkohol mag verdampfen, er ist aber auch hygroskopisch und reichert sich gleichzeitig mit Wasser an. Für die eine oder andere Spore reicht das schon...

Niemals etwas in einen HEPA Filter sprühen. An der Uni ist es mit das erste, was sie dir sagen, wenn du was an einem HEPA Filter machst.
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