Unsterile Pilzzucht

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Unsterile Pilzzucht

Beitrag von Mycelio » Dienstag, 29. Januar 2008 16:43

Hallo liebe Forenkollegen,


ich möchte in diesem Thread mal Informationen sammeln, welche Pilzarten sich unsteril und mit einfachsten Mitteln züchten lassen, also ohne DDKT, Agar, H2O2 und Getreidebrut. Natürlich ist das weder professionell noch für große Substratmengen geeignet, aber gerade für Anfänger prima, um erste Erfahrungen zu sammeln. Da sieht man auf einfache Weise, worauf es ankommt und hat schonmal Grundwissen gesammelt, wenn man später richtig loslegen will.


Also postet bitte mal, welche Sorten ihr schon unsteril gezüchtet habt und wie ihr dabei vorgeht.


Ich züchte meine Austern seit ca. einem halben Jahr komplett unsteril. Näheres unter Austernpilz-Klonversuch auf Pappe.

Bzgl. Pioppino habe ich erste Erfolge beim Klonen auf Pappe, allerdings vergammeln die Pilzstücke leicht. Es sieht aus, als könne man von denen nur die Stielbasis zum Klonen verwenden. Näheres demnächst, wenn's besser klappt.

Beim Shiitake habe ich noch keine unsterile Klon-Methode gefunden. Vorhandenes Mycel wächst aber prima auf abgekochten Buchenholzspänen.


Gruß, Carsten
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Beitrag von Lauscher » Mittwoch, 13. Februar 2008 19:18

Hallo Mycelio,

ich bin Anfänger und sammele gerade meine ersten Erfahrungen durch unsterile Pilzzucht.

(Anbei - dies ist mein erster Beitrag im Forum, habe bisher nur mitgelesen, also: Hallo!)

Vor ein paar Tagen kaufte ich auf dem Markt Austernpilze und Samtfußrüblinge. Das meiste habe ich gegessen, einen Teil habe ich in Gläser gepackt. Die Zuchtmischung: Kaffeesatz, Holzpellets, Pilzstücke.

Beide, Austernpilz und Samtfußrübling, durchwachsen massiv das Substrat, daß ich nur so staune.

Ähnliche Experimente habe ich schon länger laufen mit Schmetterlingstramete Trametes versicolor und rotrandigen Baumschwamm Fomitopsis pinicola, anfangs nur auf Kaffeesatz. Nachdem anfangs kräftiger Wuchs zu sehen war, stagnierte dieser schließlich. Ich denke jetzt, daß das daran liegt, daß der Kaffeesatz zu dicht ist und kaum Luft durchläßt. Heute habe ich beide mit Holzpelletes verrührt, um das Ganze mal aufzulockern. Mal schauen, wie sich das weiterentwickelt.

Auch einen Glänzenden Lackporling Ganoderma lucidum hatte ich vielversprechend auf Kaffeesatz (wenn auch der Wuchs langsamer war), doch nach ein paar Wochen war plötzlich über Nacht das Glas mit grünem Schimmel komplett verseucht.

pilzige Grüße
Lauscher
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Beitrag von Jinx » Donnerstag, 14. Februar 2008 00:36

Hericium lässt sich auch ganz gut mit abgekochten Holzchipsis (ab und an eine dünne Schicht Espressotrester) langsam aufschichten. Funktioniert sogar wenn man manchmal eine Schicht absolut trockene Chipsis oder trockene Weizenkleie(!) drauflegt, die werden genauso durchwachsen. So kann man dem Pilz auch mal was "gutes" gönnen ohne das es schimmelt.
Startchipsi-Lage wurde aber mit mitdurchwachsener Getreidebrut beimpft.
Also nur halbsteril - wobei man als Anfänger überall Getreidebrut kaufen könnte.

Den Shiitake habe ich auch mal mit Impfdübeln abgekochte Buchenchipsis angeimpft. Funktioniert im kleinen (ca. 0,5 Gläser) eigentlich recht gut. Das Animpfen größerer Chipsibeutel (+Gipsbeigabe) mit denselben Glaskulturen hat mir aber dann hohe Ausfälle gebracht. Das Mycel wuchs halt einfach zu langsam und der Schimmel blühte schneller. Und die Beutel die überlebt haben brachten nur bescheidene Erträge.
Aber um sich selber auf einfache und billige Art massenweise Impdübel herzustellen ohne einen DDKT oder ähnliches sein eigen zu nennen, ist es ideal.

Zur Zeit hab ich ein kleines Glas Chipsis mit Kräuterseitlingsfruchtfleisch beimpft. Ist auch schon schön eingewachsen. Den werd ich dann mit allem möglichen füttern/aufschichten (trockene Kleie, Kaffeesatz, trockene Strohpellets, abgekochte Chipsis). Mal gucken...
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Beitrag von Mycelio » Donnerstag, 14. Februar 2008 02:11

Hallo,


@Lauscher
Willkommen im Forum. Hier wird es dir sicher gefallen, scheinst ja sehr experimentierfreudig zu sein.
Bzgl. Kaffesatz stimme ich dir zu. Pur ist er irgendwie zu dicht und wird schnell mal zu naß. Ist auf jeden Fall besser, hauptsächlich Holzspäne (oder Stroh, je nach Pilz) zu verwenden und Kaffee nur als Zusatz. Gröbere Materialien sorgen auch für Belüftung im Substrat. Anscheinend können ansonsten harmlose Mikroben den ganzen Sauerstoff verbrauchen, so daß das Mycel nicht mehr durchkommt. Und dann schimmelt oder gärt es erstmal...

Wichtig ist auch, immer nur soviel Substrat zuzugeben, wie das Mycel in wenigen Tagen besiedeln kann, denn die Schimmelsporen, die überall in der Luft rumfliegen, keimen bei Zimmertemperatur nach ca. vier Tagen. Kleine Schimmelnester kann man großzügig rauslöffeln, wenn aber erstmal alles massiv mit Schimmelsporen eingedeckt wurde, ist die Kultur reif für den Komposthaufen...

Habe auf die Art gerade erst zwei fast volle Blumentöpfe mit Pioppino und Hericium verloren. Die neu aufgetragene Schicht war zu feucht, zu dick und enthielt zuviel Kaffee. Zuerst kamen die Trauermücken, dann Schimmel, gefolgt von Gärung und beim Hericium sogar noch winzige weiße Würmer... :evil:


@Jinx
Gute Idee mit der trockenen Kleie!
Meinen Shiitake-Kulturen habe ich auch unsteril mit Holzspänen aufgeschichtet. Anfangs hatte ich mal abgekochtes Getreide draufgestreut, allerdings ist damals fast die Hälfte der Versuche grün geworden... Bei den anderen wuchs das Mycel aber deutlich stärker weiter. Beim nächstenmal werde ich trockenes Getreide versuchen, evtl geschrotet. Nach ein paar Schichten wird das Substrat sowieso immer sehr naß...

Und viel Glück mit dem Kräuterseitling. Berichte doch mal, so ein Substratvergleich dürfte interessant sein.
Hast du dabei eingentlich Stiel- oder Hutstücke geklont?


Grüße, Carsten
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Beitrag von Jinx » Donnerstag, 14. Februar 2008 21:49

@Mycelio: Jau man kann so ziemlich alles trocken aufschichten - ist halt ideal um dem Pilz auch mal höherwertiges zum futtern zu geben ohne Angst zu haben das der Schimmel schneller ist. Außerdem kann man dadurch den "Tisch reichhaltiger decken". :lol:
Werde meinem Seitling auch mal als nächstes ein paar trockene Nagetierpellets gönnen wenn er mit den Chipsis durch ist.
Ist aus dem Stiel herausgeklont worden.

Gruß
Jinx
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Beitrag von Lauscher » Montag, 18. Februar 2008 19:55

Willkommen im Forum. Hier wird es dir sicher gefallen, scheinst ja sehr experimentierfreudig zu sein.
Danke! Jau, experimentieren tu ich gern. Gefallen tut es mir hier sehr, mir scheint, ich bin in guter Gesellschaft.
Und dann schimmelt oder gärt es erstmal...
Hmm, seit ein paar Tagen stinken die Tramete und der Baumschwamm, und neues Myzel kommt nicht. Da haben die Mikroben wohl überhand genommen.

Gleichzeitig mit den erwähnten Austernpilzen und Samtfußrüblingen habe ich Stücke von einem Riesenchampignon (auch vom Markt) in Holzpellet-Kaffesatzmischung getan. Da wußte ich noch nicht, daß es ein Champignon ist, es stand ein anderer Name dran.
Ich habe diesen Versuch im obigen Beitrag nicht erwähnt, weil ich dachte, dann wird das eh nix - doch zu meiner Überraschung bemerke ich jetzt ganz zarte Myzelbildung, besonders im Glasbodenbereich!
Kann Champignon auch ohne fermentierten Dung leben??? Oder bilden die Pilzstücke das Myzel nur aus sich heraus, in dem verzweifelten Versuch, ein bißchen leckeren Dung zu finden? Ich überlege schon, ein paar Pferdeäpfel vom letzten Jahr zu kochen, oder aus einem Schafmisthaufen etwas auszubuddeln. Könnte das sinnvoll sein?

Grübelnde Grüße
Lauscher
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Beitrag von Mycelio » Montag, 18. Februar 2008 21:50

Hallo,


Lauscher, der Markt muß ja spitze sein, hier gibt's nur Austernseitling, Kräuterseitling und Champignon... :(
Lauscher hat geschrieben:Hmm, seit ein paar Tagen stinken die Tramete und der Baumschwamm, und neues Myzel kommt nicht. Da haben die Mikroben wohl überhand genommen.
Ja, das kenn ich... Manchmal überlebt das Pilzmycel ein paar Wochen. Wenn die Gärung dann beendet ist, hat es wieder eine Chance. Manchmal erstickt es aber einfach.
Lauscher hat geschrieben:Gleichzeitig mit den erwähnten Austernpilzen und Samtfußrüblingen habe ich Stücke von einem Riesenchampignon (auch vom Markt) in Holzpellet-Kaffesatzmischung getan. Da wußte ich noch nicht, daß es ein Champignon ist, es stand ein anderer Name dran.
Ich habe diesen Versuch im obigen Beitrag nicht erwähnt, weil ich dachte, dann wird das eh nix - doch zu meiner Überraschung bemerke ich jetzt ganz zarte Myzelbildung, besonders im Glasbodenbereich!
Glückwunsch, du hast ihn immerhin schonmal dazu gebracht, Mycel auszubilden. Meine normalen Champignonmycelien scheinen Kaffee zu mögen, dein Riesenchampignon kann vielleicht auch Holz zersetzen, mehr dazu weiter unten.
Lauscher hat geschrieben:Kann Champignon auch ohne fermentierten Dung leben???
Ja, Champignonsubstrat kann auch unfermentiert benutzt werden, kontaminiert aber irre schnell und soll auch weniger Ertrag bringen.
Lauscher hat geschrieben:Oder bilden die Pilzstücke das Myzel nur aus sich heraus, in dem verzweifelten Versuch, ein bißchen leckeren Dung zu finden?
Ja, wenn ein Pilzstück Mycel ausbildet, wächst dieses zuerst aus eigener Kraft, braucht Reserven auf oder baut woanders Gewebe ab. Dann kommt's darauf an, ob schnell genug verdaubare Nahrung gefunden wird. Hatte auch schonmal Champignonstücke auf feuchter Pappe, aus denen Mycel wuchs. Nach wenigen mm war da aber immer Schluß.
Lauscher hat geschrieben:Ich überlege schon, ein paar Pferdeäpfel vom letzten Jahr zu kochen, oder aus einem Schafmisthaufen etwas auszubuddeln. Könnte das sinnvoll sein?
Pferdedung mit Stroh ist wohl das beste für Champignons. Schafmisthaufen klingt aber auch gut. Ein Stück unter der Oberfläche könnte das Material schon fertig fermentiert sein.

Hm, habe mal nach Substraten für den Riesenchampignon bzw. Agaricus augustus gegoogelt und sowohl Dung als auch Nadeln und Holzreste gefunden, beides am besten Kompostiert. Also, wenn du Nadelbäume in der Nähe hast, kannst du ja beides mischen oder einzeln testen.


Grüße, Carsten


PS: Kannst du mal Fotos von deinen Versuchen machen?
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Beitrag von Lauscher » Sonntag, 24. Februar 2008 13:23

Hallo Carsten!

Hmm, schlechte Nachrichten :( . Auster, Samtfuß und Champi sind alle kontaminiert. Auslöffeln konnte sie nicht retten, am nächsten Tag war wieder alles weißklumpig bis grün. (Beim Champi versuche ich es nochmal mit auslöffeln, da ist noch nicht so viel Konti nachgekommen, bin aber pessimistisch).

Die reinen Kaffeeversuche sind, wie berichtet, von Mikroben verseucht, und dort, wo ich mit Holzpellets gemischt habe, kommt überall erst weißklumpiger, dann grüner Schimmel. :evil: Der Kaffesatz ist ja wenigstens pasteurisiert, aber die Pellets kommen direkt und unbehandelt ins Substrat, offenbar voll mit Schimmelsporen.

Ich glaube, meine Unsterilversuche gebe ich auf. Was ich eher noch machen werde, ist Substrat und Glas vor dem Beimpfen normal (ohne DDKT) zu kochen. Als künftige Substrate werde ich auf Kaffee wohl ganz verzichten und nur mit Holz, Stroh und evtl. Dung arbeiten. Auch auf Deinen Tip mit Nadelstreu greife ich gern zurück!

Es wird Zeit, daß ich mir eine sterile Box baue, um "richtig" arbeiten zu können.
Was ich vllt. nochmal versuche, sind Austern auf Pappe, was hier wohl mehrfach erfolgreich erprobt wurde. Die entsprechenden Threats schaue ich mir vorher nochmal genauer an.

Fotos mache ich generell gerne; doch meine Kontikulturen sind kein schöner Anblick, das will ich uns ersparen.

Vor ein paar Tagen bin ich bei Gartenarbeit auf myzeldurchwachsenes Erde/Holzhackschnitzelgemisch gestoßen. Einige Bröckchen habe ich mir in ein Glas gepackt und mit Kaffesatz und Holzpellets zugefüttert (da waren meine anderen Kulturen noch nicht verseucht). Die Erde/Holzbrocken sind schön weißflaumig geworden, außerdem sprießen allerlei kleine Kräuter im Glas. Auch eine winzigkleine Gehäuseschnecke wohnt da drin :shock:
Es könnte sich um Boviste handeln, die hier teilweise ums Haus herum wachsen. Schaun mer mal...

Des weiteren überlege ich, Holzstücke mit frischen Pilzen vom Markt zu beimpfen, die Pilze also ohne Umwege als Impfbrut zu verwenden und das Ganze sofort nach draußen zu packen.

Irgendwo wurde beschrieben, wie Holzstücke im einem Faß mit Brut umgeben und abgedeckt im Keller gelagert wurden. Analog überlege ich mir, beispielsweise Buchen- oder Weidenholzstücke mit Austern vollzupacken, das ganze in eine Plastiktüte oder einen Eimer mit Deckel zu tun und im Garten für ein paar Monate einzugraben.
Außerdem komme ich bald an einen frischgefällten jungen Ahorn (Stamm armdick). Der müßte sich doch gut für so eine Zucht eignen, oder? Wie lange sollte ich ihn vor dem Beimpfen liegen lassen?

heute etwas deprimierte Grüße
Lauscher
(aber ich gebe nicht auf, nein! ICH BLEIBE DRAN! DIE PILZE WERDEN WACHSEN!)(Ich glaube, ich bin schon ganz schön infiziert...*g*)

Hier zwei Bilder:
Trametes versicolor Myzel:
Bild
Gartenfund (Bovist?):
Bild
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Beitrag von Mycelio » Sonntag, 24. Februar 2008 18:52

Hallo Lauscher,


schöne Bilder! Bei komplett unsterilen Versuchen weiß man zwar oft nicht, was da wirklich wächst, ist aber immer wieder interessant, wie sich verschiedene Arten unterscheiden. In einem meiner Champignon-Experimente wachsen gerade Pilze, die gar nicht wie Champignons aussehen. :evil: Mal sehen, ob sich das richtige Mycel noch durchsetzt...

Schade mit den Kontis, aber mach dir nichts draus. Es dauert eine Weile, bis man raushat, wie man die vermeiden kann. Ich bin z.B. froh über meine ersten planlosen Versuche. Jetzt weiß ich zumindest, was wann schiefgeht. :D
Wenn Schimmel sich erstmal im Substrat etabliert hat, kann man nicht mehr viel machen, außer vielleicht die Versuche im Garten oder auf dem Kompost zu verbuddeln, dort können sich die Pilze manchmal noch durchsetzen. Besser ist es, immer nur so wenig Substrat zu verwenden, wie das Mycel in wenigen Tagen durchwachsen kann.

Bzgl. Kaffee:
Bei mir kam der Schimmel immer vom Kaffeesatz, nicht von den Holzspänen. Wenn letztere schimmeln, ist schon das Impfmaterial verseucht gewesen. Durch Abkochen kann man auch nur das aktive Schimmelmycel abtöten, die Sporen überleben. Nach ein paar Tagen keimen sie aus, bilden zuerst weißes Mycel mit sehr kurzen Hyphen und werden später grün. Gegen die Sporen hilft nur ein DDKT. Wenn man keinen hat, kann man dreimal jeweils im Abstand von 24h kochen. Nennt sich fraktionierte Sterilisation oder Tyndallisierung, ist aber nur eine Notlösung. Die Idee dahinter ist, daß Sporen durch den Hitzeschock auskeimen und beim nächsten Kochvorgang gekillt werden.
Bei komplett sterilisierten Substraten mit Zusätzen muß man aber sehr sauber arbeiten. Sobald da irgendetwas reinkommt, z.B. Staub aus der Luft mit Sporen, haben die Viecher freie Bahn und können sich ungehindert ausbreiten, viel besser als in unsterilen Substraten.

Aktuell habe ich gerade Austernklone auf Buchenspänen. Diese hatte ich über Nacht eingeweicht und 10 min gekocht. Dann das Wasser abgegossen und noch ein paar trockene Späne dazugegeben, damit es nicht zu naß ist, denn die Pilzstücke sollten sich nicht mit Wasser vollsaugen. Die heißen Späne habe ich dann ca. 2 cm hoch in Gläser gegeben und abkühlen lassen. Von den Pilzstielen hatte ich die unteren 2cm entfernt und dann wieder vom unteren Ende jeweils ein 2 - 3 cm langes Stück abgeschnitten, auf die Späne gelegt und leicht bedeckt. Heute - nach fünf Tagen - sieht es schon ganz gut aus. Wenn das Mycel außen ankommt werde ich wieder 2 - 3 cm Holz draufgeben und dann immer wieder, sobald es oben zum Vorschein kommt.
Bild

Bzgl. der Holzpellets:
Habe da selbst schlechte erfahrungen gemacht. Meine Pellets sind offensichtlich aus Fichtenholz, denn nach dem Einweichen riechen sie wie ein billiges Ikea-Regal... Für die meisten Pilze (z.B. Austern) sind sie nicht geeignet, Kräuterseitlinge sollten aber damit zurechtkommen. Für Shiitake habe ich manchmal ca. 10% dieser Pellets zu Buchenspänen gemischt, da gab es keine Probleme.

Zu deinen Holzplänen:
Mit größeren Holzstücken habe ich keine Erfahrung, Buche geht aber eigentlich immer. Bzgl. Weide und Ahorn... mach mal besser nen neuen Thread auf und frage unsere Holzexperten. Die wissen, ob es geeignet ist und wie lange es vor der Nutzung liegen muß.
Ob du dann mit Pilzstücken beimpfen kannst, weiß ich nicht. Wahrscheinlich ist es einfacher, erstmal Pappe oder Holzspäne bewachsen zu lassen und dann das Holz damit zu umgeben.


Grüße, Carsten


Nachtrag 2021: Dass Schimmelsporen Temperaturen über 60°C überleben, ist natürlich Unsinn.
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Beitrag von Hephaistos » Sonntag, 24. Februar 2008 19:32

Hallo!
Mycelio hat geschrieben:Bei mir kam der Schimmel immer vom Kaffeesatz, nicht von den Holzspänen. Wenn letztere schimmeln, ist schon das Impfmaterial verseucht gewesen.
Da muss ich dir wiedersprechen!
Ich habe mal Versuche gemacht, welche Substrate wie unsteril bewachsen. Ausgangsbrut war Gerstenbrut mit Lungenseitling und Austernseitling. Ich hatte je 1 durchwachsenes 3 Liter Glas pro Pilz; um auszuschließen, dass unterschieliche Bedingungen herrschten, kippte ich den Glasinhalt in einen Beutel und durchmischte die Brut vollständig.
Substrate waren Buchenspäne (die zum Räucher, ca. 10x10x2mm), Buchenmehl, Strohpellets und Holzpellets.

Bzgl. Letztere siehe weiter unten.
Strohpellets: Anfänglich wuchs das Mycel sehr schnell, dann aber gar nicht mehr. Grund war, dass sich das Substrat so verdichtete, dass der Pilz nicht mehr atmen konnte. Ergebnis dieses Ansatzes war nach ca. 2 Monaten: wunderschöner Humus, aber leider keine Pilze
Buchenmehl war ganz ok
Buchenspäne schimmelten mir alle weg.
Bzgl. der Holzpellets:
Habe da selbst schlechte erfahrungen gemacht. Meine Pellets sind offensichtlich aus Fichtenholz, denn nach dem Einweichen riechen sie wie ein billiges Ikea-Regal... Für die meisten Pilze (z.B. Austern) sind sie nicht geeignet, Kräuterseitlinge sollten aber damit zurechtkommen. Für Shiitake habe ich manchmal ca. 10% dieser Pellets zu Buchenspänen gemischt, da gab es keine Probleme.
Auch ich verwende diese Pellets. Pur habe ich auch keine guten Erfahrungen gemacht (Mycel wuchs mäßig bis gar nicht ein), jedoch "verschneide" ich sie immer mit anderen Holzsubstraten (10-20%), und nun sind sie ein fixer Besteandteil <b>jeder</b> Holzmischung.

Gruß,
Hary
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Beitrag von Mycelio » Sonntag, 24. Februar 2008 20:05

Hallo Hary,


danke für die Info!
Kann natürlich sein, daß ich mich da irre. Wie groß war denn bei den erwähnten Versuchen der Brutanteil im Vergleich zum Rest?

Vielleicht habe ich einfach Glück, daß meine Buchenspäne relativ sauber sind. Ich benutze dieses Chipsi-Exotenstreu ausm Zoogeschäft und mische immer XXL und S zusammen. Muß auch dazusagen, daß ich das Holz lieber nach und nach aufschichte, anstatt zu mischen. Die wenigen male, bei denen ich Schimmel auf den Chips hatte, war immer kontaminiertes Getreide oder Kaffee im Spiel.

Sollten meine Austernklone auf Buchenholz schimmeln, werde ich davon berichten!


Grüße, Carsten
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Beitrag von AndreasTyrol » Montag, 25. Februar 2008 15:38

Hallo Carsten und alle! :)


Hier kommt nun mein kleiner Beitrag zum Thema "Unsterile Pilzzucht".

Neulich dachte ich mir: der Winter ist bald aus: ich muss mir noch rechtzeitig Hartholzbriketts besorgen, bevor sie in der warmen Jahreszeit nicht mehr lieferbar sind.

Als ich die Briketts dann im Baumarkt besorgt hatte, wollte ich gleich mal ausprobieren, wie das mit dem Quellen bei Wasserzugabe funktioniert. Ich habe also ein Brikett abgewogen (190 g) und langsam 190 g (= 190 ml) normales kaltes Leitungswasser zugegeben. Dabei konnte ich zuschauen, wie das Holzbrikett das Wasser aufsaugt, dabei aufquillt und zu Sägemehl zerfällt.

Dann ist mir eingefallen, dass ihr berichtet habt, dass solche Briketts oft qualitativ schlecht sind (aus Altholz usw.) und ziemlich schnell verschimmeln. Also dachte ich, es wäre vielleicht eine gute Idee, die Qualität der Briketts zu testen. Ich habe mich daran erinnert, dass ich noch ein Glas Körnerbrut von der Thai Auster hatte, für das ich zur Zeit keine Verwendung hatte. Diese Körnerbrut (ca. 120 g) habe ich in einer durchsichtigen, runden Plastikschüssel mit dem Sägemehl gemischt, einen Teller zur Abdeckung draufgelegt und im Zimmer bei 20°C zur Seite gestellt.

Mehrmals musste ich mich zurückhalten, das Ganze wieder gleich auf den Kompost zu werfen, denn ich dachte mir: "Das funktioniert nie, du züchtest nur wieder Schimmel, der dir die Wohnung verpestet." Ich habe ja nicht mal heißes Wasser zum Quellen des Briketts verwendet!
Doch da sich weder oben und auch nicht auf den Seiten in den nächsten Tagen Schimmel zeigte, konnte ich mich zurückhalten.

Eine Woche später hat die Kultur schon Primordien gebildet, also habe ich sie in das Fruchtungshäuschen gestellt.

Das Ergebnis:

Bild
Foto von gestern.

Wie man auf den folgenden 2 Fotos erkennen kann, ist keinerlei (sichtbarer) Schimmel vorhanden. Man sieht auch, dass die Thai Auster nicht besonders gut auf dem Sägemehl wächst.

Bild

Bild

Nun ein Foto von heute, kurz vor dem Ernten der Pilzchen.

Bild

Bild

Bild

Der Versuch hat bei der ersten Welle 53 g Pilzchen ergeben. Gar nicht so schlecht für eine Kultur, die ich eigentlich auf den Kompost werfen wollte und die eher wenig Wasser zum Fruchten zur Verfügung hat. (Wasser zu Sägemehl = 50:50).

Bild
53 g Pilze.

Das reicht allemal für einen Teller Pasta mit Pilzsugo! :)


Die "Lehre" aus diesem Versuch: man kann vollkommen unsteril arbeiten, wenn die Qualität der Holzbriketts gut ist und wenn man ausreichend Brut zum schnellen Bewachsen des Substrates verwendet.


Schöne Grüße von Andre.
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Beitrag von Das-Pilzimperium » Montag, 25. Februar 2008 20:31

AndreasTyrol hat geschrieben: Wie man auf den folgenden 2 Fotos erkennen kann, ist keinerlei (sichtbarer) Schimmel vorhanden. Man sieht auch, dass die Thai Auster nicht besonders gut auf dem Sägemehl wächst.
nun die bilden doch dort auch schon primordien :D
mach mal licht aus :D
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Beitrag von Mycelio » Dienstag, 26. Februar 2008 12:02

Hallo,


es gibt Neuigkeiten von meinen Austernklonen auf Buchenspänen. Während die drei Stielstücke vor lauter Mycel kaum noch zu erkennen sind, ist in zwei Gläsern außen am Rand auch noch anderes Mycel aufgetaucht... :? Werde beim nächsten derartigen Versuch kleinere Gläser verwenden, so daß das Mycel schneller alles bewachsen kann.

Tja, feuchte Pappe geht doch besser, jedenfalls mit meinen beiden Austernstämmen und der Pappe, die ich verwende.


@Andre
Schöner Versuch! Da kommen sicher noch ein paar Erntewellen. Bei ca. 250g Trockengewicht (Holz und Brut) ist sicher noch viel mehr zu erwarten.


@Pilzimperium
Ich glaube, Andre hat schon Alufolie drumgewickelt.


Grüße, Carsten
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Beitrag von Lauscher » Donnerstag, 28. Februar 2008 21:38

Hallo Pilzfreunde!

@mycelio: Danke für Deine Tips!

Nach meinen Fehlschlägen mit Kaffeesatz und Holzpellets habe ich vor zwei Tagen einen neuen Versuch gestartet. Ich habe eine Schmetterlingstramete gepflückt und in gekochte Ahornstäbe gewickelt.
Idee:
-frischen Pilz als Klonbrut verwenden
-Holzdübel kochen und drumherumpacken
-mit Tesafilm zusammenschnüren

Da ich keine Holzdübel zur Hand hatte, habe ich einen frischen Ahornzweig geschnitten, in dübelgroße Stücke zerkleinert, und gekocht. (Beim Kochen färbte sich das Wasser sehr braun, vermutlich sind viele Nährstoffe verloren gegangen. naja)
Ich machte eine Wickelpackung mit Tramete in der Mitte, Holzstäbe drumherum, mit Tesafilm straff zum Bündel geschnürt. Die Tramete habe ich nicht zerkleinert, sondern nur ein bißchen im Bündel gequetscht.
Schon am ersten Tag entwickelte sich weißer Flaum auf der Tramete, jetzt, am zweiten Tag, greift das Myzel auf das Holz über. An den dem Pilz zunächst gelegenen Stellen bildet sich schon dichter Flaum auf den Schnittflächen des Holzes, des weiteren wandern lange, dünne Myzelfäden über das Bündel und spinnen es langsam ein. Ich glaube, besonders interessiert ist das Myzel an der Kambiumschicht, die direkt unter der Rinde liegt. Dies ist der nahrhafteste Teil von Holz, der ansonsten auch von Borkenkäfern usw. bevorzugt wird.

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P.S.: Ich habe noch einmal ganz genau beobachtet, in meinen Kaffesatz-Holzpellet-Mischungen ging der Schimmel definitiv von den Pellets aus. Ich denke, man kann da keine pauschale Regel aufstellen, ob Kaffee oder Pellets Schimmel oder Bakterien verbreiten, das wird ganz von dem jeweiligen Kaffee und den jeweiligen Pellets abhängen, insbesondere von den Umständen der Herstellung und Verpackung.
Interessant ist in diesem Zusammenhang mein Versuch mit gefundenen Myzelklumpen aus dem Garten; sie bestehen naturgegeben neben dem Myzel aus Erde, Holz, grünen Pflanzen und einer lebenden Schnecke. Dazugepackt hatte ich Kaffee und Pellets. Auch hier begannen die Pellets vereinzelt Schimmel zu bilden; aber nur an Stellen, die von den Erde-usw-Klumpen gaaanz weit weg waren, und er wuchs nur zögerlich. Mir scheint, diese Naturmischung bildet ein sehr schimmelfeindliches Milieu.
Hier ein Bild von meinem Gärtchen im Glas:

Bild

Wieder optimistische Grüße
Lauscher
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