"Wasserkultur"

Schrägagar, Trocknen, steriles Wasser

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Christoph
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"Wasserkultur"

Beitrag von Christoph » Donnerstag, 17. April 2008 15:14

Hallo,
geer hat vor kurzem mir gegenüber mal erwähnt, dass es die Möglichkeit gäbe, mit Pilz besiedelte Agarstücke in Wasser zu legen und dass diese dann jahrelang haltbar wären. Habt ihr shcon mal davon gehört? Im web gibts leider keine Infos... Wie macht ihr eure Stämme für längere Zeit haltbar?
Viele Grüße,
Chris
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pilz-kultur
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Beitrag von pilz-kultur » Donnerstag, 17. April 2008 21:31

Hallo Chris :D !

Vorab , hast Du mit Gerhard Kontakt?...meine letzte PN an Ihn , blieb leider unbeabtwortet..muß ihn nochmals anschreiben , wenn Du mitliest Gerhard , meld Dich mal bei mir :wink: !

Zu Deiner Frage , die Wassermethode kenn ich nicht , Reinkulturbanken frieren ihr Mycel normalerweise in flüssigen Stickstoff ein...hat aber keiner von uns so herumstehen :cry: ...bliebe noch die Methode das Mycel mit Paraffinöl zu überschichten , dieses muß natürlich autoklaviert werden , extrem hoch wenn ich mich richtig erinnere...also zB. eine Schrägagarkultur u.darüber etwa 2cm Paraffinöl...solch behandelten Stämme hab ich hier in der Arbeit lagern...sollte man so etwa 2 Jahre bei Kühlschranktemp. lagern können..variert mit Pilzstamm !

Gruß
Walter
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Beitrag von Das-Pilzimperium » Donnerstag, 17. April 2008 22:04

daaaaaaaaa muss ich mich doch mal als laborant zwischenschalten...

einfriehren funktioniert schon... nur nicht mit normalem H2O da sich beim gefrieheren Kristalle bilden die dann die Zellen zerstören...

wir friehen Zellkulturen immer mit Dimethylsulfoxid (Abkürzung: DMSO) dort kommt es nicht zur auskristalisation!!!
bei MINDESTENS minus 20°C ein
:!:
besser jedoch -80°C oder am besten in flüssigstickstoff
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Beitrag von Mycelio » Donnerstag, 17. April 2008 22:20

Kann man Mycel nicht einfach trocknen?


Grüße, Carsten
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Beitrag von Mycelio » Freitag, 18. April 2008 11:37

Hatte früher schonmal in einem alten Pilzzuchtbuch davon gelesen, daß man durchwachenes Champignonsubstrat trocknen und später als Brut einsetzen kann. Daraufhin hatte ich letzten Sommer mal zwei auf Pappe geklonte Austern getrocknet und als Sicherheitskopie aufbewahrt, falls mir mal alles eingeht. Habe zwar noch nicht versucht, sie wieder zu reaktivieren, aber gerade nochmal im Netz gesucht. Viel findet man nicht, aber auf shroomery gibt es ein paar Threads, wo u.a. das Klonen von getrockneten Pilzen beschrieben wird. Zwischendurch berichtet jemand von getrockneter Körnerbrut, die nach einem Jahr Lagerung auf Agar wieder gut wächst.
Hier ein Link auf Seite 5, die Bilder mit den getrockneten Körnern und der Agarplatte sind fast ganz unten.
http://www.shroomery.org/forums/showfla ... art/5/vc/1
Kommt mir so vor, als wäre dies die einfachste Methode.

Hat das hier schonmal jemand getestet?


Grüße, Carsten
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Beitrag von Hephaistos » Freitag, 18. April 2008 11:56

Hallo!

Ich hab da mal ne Frage an Walter:
pilz-kultur hat geschrieben:...Reinkulturbanken frieren ihr Mycel normalerweise in flüssigen Stickstoff ein...
Wird das Mycel auch unter flüssigem Stickstoff gelagert oder geht es nur um das schnelle Abkühlen?

Gruß,
Hary
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Beitrag von Das-Pilzimperium » Freitag, 18. April 2008 11:58

nur um das schnelle abkühle so das sich keine kristalle bilden... 8)
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AndreasTyrol
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Re: "Wasserkultur"

Beitrag von AndreasTyrol » Freitag, 18. April 2008 14:04

Christoph hat geschrieben:Hallo,
geer hat vor kurzem mir gegenüber mal erwähnt, dass es die Möglichkeit gäbe, mit Pilz besiedelte Agarstücke in Wasser zu legen und dass diese dann jahrelang haltbar wären. Habt ihr shcon mal davon gehört?
Ja, ich habe die Originalpublikationen dazu.

Preserving Fungus Strains in Sterile Water
J. J. Ellis
Mycologia, Vol. 71, No. 5. (Sep. - Oct., 1979), pp. 1072-1075.

66 Stämme aus 52 Arten (ca. 15 Arten der Hymenomyceten) wurden getestet. Darunter waren folgende Arten die für uns interessant sind:
Agaricus bisporus(4x), Collybia velutipes, Pleurotus ostreatus (2x), Stropharia rugosoannulata, Volvariella volvacea.

Der Untersuchungszeitraum betrug max. 20 Monate. Pleurotus war unter den Kulturen, die nach 20 Monaten in Wasser bei Zimmertemperatur ohne weiteres wieder weiterwuchsen. Auf ev. Verlust von Frukö Bildung hin wurde nicht untersucht. P. ostreatus Stamm 2 auf "Kartoffel-Dextrose like agar medium" war nach 5 Monaten kaputt.




Grüße, Andre.
Zuletzt geändert von AndreasTyrol am Freitag, 18. April 2008 14:17, insgesamt 1-mal geändert.
Christoph
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Beitrag von Christoph » Freitag, 18. April 2008 14:10

Hmmm... Das mit dem Stickstoff ist jetzt nicht mal so abwegig: Bei uns gibt es einige Unis (und ein Lasergeschäft in unserem Dorf, die haben das) in der Nähe und ich habe auch einige Kontakte, vllt kann ich da mal was locker machen. Ich bräuchte diesen dann ja nur alle paar Jahre mal, für die restliche Zeit sind die Kulturen ja dann in der Tiefkühltruhe.
Wie macht man das dann? Einfach die durchwachsenen Petris reinlegen und abwarten?
Viele Grüße,
Chris
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Beitrag von AndreasTyrol » Freitag, 18. April 2008 14:25

Hallo Chris,


ich glaube Konservierung in flüssigem Stickstoff ist nichts für den Hobbybereich. Ich habe damit gearbeit und ich sage dir, das Zeug ist die Hölle!

Du brauchst dazu sehr teure Spezialbehälter, ein eigenes Gerät zum Abkühlen (4 °C pro Minute), spezielle Gefrierschutzmittel für die Kulturen und viel, viel Fachwissen.

(Eine Anlage für das Einfrieren von Spermien (Stiere) kostet ca. 50 000 Euro.)

Wahrscheinlich muss die ganze Anlage auch genehmigt werden.
Das Ganze ist vermutlich zu gefährlich, dass man Privatpersonen damit herumspielen lässt; aber mit Sicherheit kann ich das nicht sagen.

(Allerdings wird jetzt fl. Stickstoff auch in der gehobenen Kochkunst verwendet, Stichwort "Molekulare Küche" ...)


VG von Andre.
Zuletzt geändert von AndreasTyrol am Freitag, 18. April 2008 16:23, insgesamt 2-mal geändert.
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Beitrag von Mycelio » Freitag, 18. April 2008 14:27

Interessant. Habe gerade noch so eine Arbeit gefunden:

Preserving cultures of wood-decaying Basidiomycotina using sterile distilled water in cryovials

Harold H. Burdsall, Jr.
Elizabeth B. Dorworthl

Mycologia, 86(2), 1994, pp. 275-280

Runterzuladen unter:
http://www.fpl.fs.fed.us/documnts/pdf1994/burds94a.pdf

Scheinbar werden Agarstücke ausgestanzt, mit destilliertem, sterilen Wasser bedeckt und im Kühlschrank gelagert. Die reden da von sieben Jahren...


Grüße, Carsten
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Beitrag von AndreasTyrol » Freitag, 18. April 2008 14:34

Sehr interessant!

Diesen Aufsatz von Burdsall und Dorworth habe ich bei meiner Suche nicht gefunden obwohl ich die Mycologia Datenbank durchsucht hatte!

Eine Steigerung von 20 Monaten auf 7 Jahren ist nicht schlecht. :)

Ich glaube, da ist für uns Hobbypilzzüchter eine Konservierung in fl. Stickstoff gar nicht mehr notwendig.

Ellis hat bis 20 Monate getestet und dann publiziert. Er hat allerdings vermutet, dass der Zeitraum noch wesentlich länger sein könnte.

(Irgendwo gibt es, neben diesen 2, noch eine Publikation in der Mycologia zu dem Thema. Habe sie runtergeladen, doch konnte sie auf die Schnelle nicht mehr finden.)

"Agarausstecher"
Besonders interessant finde ich im Artikel von Burdsall und Dorworth auch dieses "Gerät" mit dem runde, genormte Agarstücke ausgestochen werden. Ich bin schon lange auf der Suche nach sowas und wollte mir schon eine spezielles Stanzwerkzeug aus Metall von einem Freund anfertigen lassen. Denn so ein Werkzeug braucht man immer wieder mal wenn man Platten mit genormten Agarstücken beimpfen will, damit das Wachstum in den einzelnen Petrischalen vergleichbar ist.

Weiß jemand Näheres dazu?


Grüße, Andre.
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Beitrag von Christoph » Freitag, 18. April 2008 15:18

Ich glaube, das war genau der Link, von dem geer geredet hat (ich soll übrigens ausrichten, er hat im Moment kaum Zeit übrig, deshalb ist er nicht mehr oft hier!).
Wieso bilden sich keine Kristalle, wenn ich um nur 4° C pro Minute abkühle? Da dürfte doch die Tiefkühltruhe schneller sein....(einfach reinlegen und zu).
Mit flüssigem Stickstoff habe ich schon ab und an gearbeitet, ohne ist das Zeug wirklich nicht, aber man kann auch mit handelsüblichem Spiritus und genügend Unachtsamkeit jede Menge anstellen... :roll: :shock:
Das mit dem dest. Wasser gehe ich später mal durch und probiere es mal aus, mal schauen, ob es funktioniert!

Agarausstecher könnte man leicht selber fertigen: an ein Drahtstück einen Drahtring anlöten/schweißen (statt Drahtring kann man natürlich auch einfach ein kurzes Stück von einem entsprehend dünnem Metallrohr absägen), das erfüllt den selben Zweck und kostet nix.
Viele Grüße,
Chris
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Beitrag von AndreasTyrol » Freitag, 18. April 2008 15:48

Hallo Chris :)

Christoph hat geschrieben:Wieso bilden sich keine Kristalle, wenn ich um nur 4° C pro Minute abkühle?
Erstens braucht es dazu normalerweise ein Gefrierschutzmittel (z.B. Glycerin) für die Pilzkultur. Das wird anstatt (oder zusätzlich zu) Wasser in die Zelle aufgenommen. Zusätzlich wandert bei langsamen Abkühlen Wasser aus der Zelle in den Interzellularraum. Die Kultur wird auch nicht im fl. Stickstoff gelagert, sondern in den kalten Dämpfen darüber, soviel ich mich erinnern kann. Es handelt sich um einen mehrstufigen Verlauf; ab -80 °C kann man glaube ich dann schneller kühlen, bzw. die Kultur einfach in den Behälter hängen. Den genauen Vorgang kannst du sicherlich im Netz nachlesen, einfach cryogenic storage in Google eintippen oder die Wikipedia konsultieren.
Christoph hat geschrieben:Mit flüssigem Stickstoff habe ich schon ab und an gearbeitet, ohne ist das Zeug wirklich nicht, aber man kann auch mit handelsüblichem Spiritus und genügend Unachtsamkeit jede Menge anstellen... :roll: :shock:
Das ist richtig!:)
Aber die Argumentation ist fraglich: denn nur weil ein Laserpointer auch gefählrlich sein kann, bedeutet das nicht, dass man als Normalbürger mit Hochenergielasern rumspielen darf.

Die Frage ist ganz einfach: darf man oder darf man nicht? (Ich weiß es nicht, halte es aber schon für ziemlich bedenklich.) Flüssiger Stickstoff ist auch teuer: er verdampft ja in den speziellen Behältern dauernd, man muss also immer wieder nachfüllen.

O.K.: Wenn du jetzt sagst dass es erlaubt ist und dass der Liter nur ca. 50 Cent kostet (ich habe keine Ahnung) und dass nur 10 ml pro Tag verdunsten (ich habe keine Ahnung), dann hast du mich überzeugt und ich werde mal ein bisschen damit kochen! :)
Christoph hat geschrieben:Das mit dem dest. Wasser gehe ich später mal durch und probiere es mal aus, mal schauen, ob es funktioniert!
Na klar funktioniert es, die werden doch nicht Müll veröffentlichen! Das trauen die sich nicht, da wären die Forschungsförderungen gleich weg ...
Für 3 Monate kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass es funktioniert. Ob sie wirklich 7 Jahre lang halten musst du mich in 6 Jahren und 9 Monaten nochmal fragen! :)
Agarausstecher könnte man leicht selber fertigen: an ein Drahtstück einen Drahtring anlöten/schweißen (statt Drahtring kann man natürlich auch einfach ein kurzes Stück von einem entsprehend dünnem Metallrohr absägen), das erfüllt den selben Zweck und kostet nix.
Das ist eine sehr gute Idee! :) Werd' ich gleich mal ausprobieren ...


VG Andre.
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Beitrag von Christoph » Freitag, 18. April 2008 16:30

Also billig ist der Stickstoff meines Wissens schon (dürfte so um den von dir angegebenen Preis liegen- also ein paar Cent pro Liter). Ob der allerdings im HuK genehmigt ist, weiß ich nicht.
Mit meiner Argumentation wollte ich andeuten, dass Gefahr auch immer eine Sache des Umgangs mit ihr ist. Wenn ich vorsichtig bin, ist auch Stickstoff kein Problem, wenn ich allerdings sehr risikofreudig bin, könnten schon harmlosere Sachen schnell gefährlich werden (der berühmte Sekundenkleber und Augenlid zum Beispiel)
Andererseits darf auch in der Apotheke Sachen wie 30%igen H2O2 erwerben, das ist auf gar keinen Fall harmlos und kann schnell in die Hose gehen. Von daher ist flüssiger Stickstoff vllt nicht unbedingt verboten, ev. darf er wie H2O2 nur unter Angaben wie Verwendungszweck, Sicherheitsauflagen, etc. abgegeben werden. Das allerdings sind Spekulationen und führen jetzt zu weit weg.
ps: Kochen wird schwierig damit :wink: :wink: !

Mit probieren, ob das funktioniert, meinte ich, dass ob das auch bei uns daheim funktioniert, oder ob es irgendwelche Einschränkungen gibt.
Viele Grüße,
Chris
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