Degeneration von myzel ...

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Beitrag von Mycelio » Freitag, 10. Juli 2009 20:04

Hallo,

also ich wiege nichts genau ab, sondern mische das Substrat immer nach Augenmaß. Ich notiere mir dann Zutaten, Datum, wie und womit beimpft, usw, damit ich bei Bedarf nachvollziehen kann, wo ich Fehler gemacht habe und welches Substrat bessere Erträge bringt.
Mit der Temperatur hast du natürlich recht, Sommer und Winter machen sich da schon bemerkbar, allerdings ist der Unterschied nicht groß. Eine richtige Degeneration sollte so aussehen, daß das Mycel kaum noch wächst und nicht mehr fruchtet.

Grüße, Carsten
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Beitrag von Till » Freitag, 17. Juli 2009 02:49

Hallo zusammen,

ich habe bisher bei meinen Pilzen auch noch keine Degeneration festgestellt. Dabei habe ich gerade Shitake immer wieder von einem Substratblock zum nächsten geimpft und dabei nur winzige Bröckchen Myzel verwendet. Ich habe immer noch ganz tolle Ansätze.
Ich denke auch, dass die Geschichte mit den Telomeren nicht auf Pilze zutrifft. Bei Menschen ist das so. Aber es gibt ja eine ganze Menge Lebewesen, die einfach immer weiterwachsen. Überlegt euch z. B. wie das bei einem Baum ist. Ein riesiger Baum wird durch Vermehrung ganz weniger Zellen der Triebspitzen gebildet. Und viele Sorten vermehrt man auch schon seit Jahrhunderten durch Veredelung. Das würde gar nicht gehen, wenn die Telomere bei Pflanzen genauso das Wachstum begrenzen würden wie bei Menschen. Und der älteste Baum ist über 40000 Jahre alt!
Wenn es aber bei Pflanzen oft nicht so ist, dass sie von selbst altern, warum soll das dann bei Pilzen grundsätzlich so sein? Bei manchen vielleicht, aber nicht bei allen. Selbst menschliche Zellen kann man, glaube ich, in Gewebekultur unbegrenzt vermehren. Bei Stammzellen geht das auf jeden Fall. Das habe ich vor kurzem mal irgendwo gelesen.
Ich habe eine andere Vermutung, wie es zur Degeneration bei Pilzen kommt, die hier auch schon anklang: Die Erbanlagen verändern sich wahrscheinlich gar nicht. Aber es könnte sein, dass durch ungünstige Substrate bestimmte Gene inaktiv werden. Und das kann sich wohl auch eine Weile halten. Man weiß ja mittlerweile auch, dass bei Tieren erworbene Eigenschaften bis in die dritte Generation vererbt werden können - aber ohne die eigentlichen Erbanlagen zu verändern. Vererbt wird nur, wie die Anlagen ausgelesen werden.
Ich vermute nun, dass es bei Pilzen ähnlich ist. Ein schlechtes Substrat führt dazu, dass der Pilz manche Gene nicht mehr aktiviert und kümmert. Wie das kommt, weiß ich nicht: Durch Nährstoffarmut? Durch Überschuss an Nährstoffen, die den Pilz "faul" machen? Durch die Abwesenheit von symbiotischen Lebewesen? Wie auch immer, die Sache kann man wahrscheinlich aber rückgängig machen, wenn man ihm das richtige Milieu gibt. Da müsste man mal experimentieren. Ich habe leider keine Erfahrungen, weil mein Myzel noch nicht degeneriert ist. Wäre aber eine spannende Sache.

Viele Grüße, Till
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Beitrag von SchwammeRulz » Freitag, 17. Juli 2009 11:55

Hallo Till

da hast du sicher recht. Hab dazu letztens auch was interessantes gelesen. Da ging es über Epigenetik. Denn wie wir wissen, ist ja der Gencode nicht veränderbar. Aber was sich im Laufe des Leben verändern kann sind die angelagerten Methylketten. Sozusagen die Schalter für die Gene. Die können auch zB bei uns im Laufe des Lebens durch gewissen Lebenumstände oder -angewohnheiten verändert werden. Also auch durch unpassendes Substrat oder ähnlichem.
Jetzt habe ich gerade ein Buch angefangen zu lesen, wo es drum geht, sozusagen Urformen von Lebewesen wiederherzustellen, durch Elektrofelder in denen die Samen gelegt werden. Somit hat man schon Urfarne hervorgeholt die nicht auf der Erde existieren aber in Fosilen Abdrücken zu sehen sind. Leider hielt diese Veränderung nicht 2-3 Generationen, dann waren die Lebenwesen wieder "degeneriert". Der Versuch wurde auch mit Forellen gemacht. Da geht man davon aus, das die Schalter dann alle wieder, sozusagen resetet werden.
Hab schon überlegt was wohl da bei Pilzen passieren würde? Aber ich denke mal ich teste erstmal den Tip mit dem Olivenöl richtig. Hab schon mal damit ne Probe gemacht und es scheint gut zu gehen. Hab das Gefühl das wächst schneller. Kann mich aber auch täuschen. Erstmal sehn was rauskommt. :-)
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Beitrag von SchwammeRulz » Freitag, 17. Juli 2009 12:01

Wobei mir gerade noch einfällt, das es bei der Vermehrung über Stecklinge auch Probleme gibt. Gerade haben sie doch wieder auf den Bananenplantagen probleme mit Ungeziefer. Und durch die Genetische Armut sind auch gleich alle befallen.
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Beitrag von Till » Freitag, 17. Juli 2009 12:17

Hallo SchwammeRulz,

interessant. Kannst du mir den Titel und Autor von dem Buch sagen?

Das Problem bei den Bananenplantagen ist wahrscheinlich ein anderes: Es liegt wahrscheinlich nur an der Monokultur. Ich denke, die Schädlinge spezialisieren sich auf den bestimmten Klon und sind dann sehr gefährlich. Hätte man mehr Bananenklone in der Plantage ginge es vielleicht besser, weil dann unterschiedliche Imumsysteme bei den Pflanzen vorhanden wären, und Schädlinge es schwerer hätten sich anzupassen. Ein echtes Degenerationsphänomen ist das wahrscheinlich nicht.

Aber sage mir mal den Buchtitel. Das klingt spannend.

Gruß, Till
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Beitrag von Mycelio » Freitag, 17. Juli 2009 12:30

Hallo Till
Till hat geschrieben:ich habe bisher bei meinen Pilzen auch noch keine Degeneration festgestellt. Dabei habe ich gerade Shitake immer wieder von einem Substratblock zum nächsten geimpft und dabei nur winzige Bröckchen Myzel verwendet. Ich habe immer noch ganz tolle Ansätze.
Ich fürchte, die kurze Zeit, in der wir beide züchten, reicht dafür noch nicht aus. Vielleicht haben wir ja irgendwann mal das Glück, daß eines unserer Mycelien alt wird.
Till hat geschrieben:Ich denke auch, dass die Geschichte mit den Telomeren nicht auf Pilze zutrifft. Bei Menschen ist das so. Aber es gibt ja eine ganze Menge Lebewesen, die einfach immer weiterwachsen. Überlegt euch z. B. wie das bei einem Baum ist. Ein riesiger Baum wird durch Vermehrung ganz weniger Zellen der Triebspitzen gebildet. Und viele Sorten vermehrt man auch schon seit Jahrhunderten durch Veredelung. Das würde gar nicht gehen, wenn die Telomere bei Pflanzen genauso das Wachstum begrenzen würden wie bei Menschen. Und der älteste Baum ist über 40000 Jahre alt!
Wenn es aber bei Pflanzen oft nicht so ist, dass sie von selbst altern, warum soll das dann bei Pilzen grundsätzlich so sein? Bei manchen vielleicht, aber nicht bei allen. Selbst menschliche Zellen kann man, glaube ich, in Gewebekultur unbegrenzt vermehren. Bei Stammzellen geht das auf jeden Fall. Das habe ich vor kurzem mal irgendwo gelesen.
Ich zweifle ja auch öfter an wissenschaftlichen Erkenntnissen, denke aber bei den Telomeren kann man schon davon ausgehen, daß da was dran ist. Die Biologen haben bei allen Lebewesen mit Zellkernen (also Tieren, Pflanzen, Pilzen und vielen Einzellern) Telomere und deren Abbau nachgewiesen, kennen sogar die genaue Struktur und beobachten einen Stop der Zellteilung oder ein Absterben der Zellen, wenn zuwenig Telomere vorhanden sind.

Wir Tiere haben natürlich Stammzellen, Immunzellen und Keimzellen, die hin und wieder Telomere anbauen, aber die altern bloß langsamer. Einzig bösartige Krebszellen können sich endlos teilen.

Höhere, mehrjährige Pflanzen altern generell langsamer. Daher weiß ich nicht, ob sehr alte und langsam wachsende Exemplare oder ein paar Jahrhunderte Stecklingsvermehrung bzw. Veredelung wirklich etwas aussagen.

Bei den Pilzen scheint es auch von der Art abzuhängen, wie schnell sie altern. Bei vielen werden zusätzlich noch vom Mycel asexuelle Sporen ohne Fruchtkörper (Conidien) gebildet, die keimen und sich mit dem ursprünglichen Mycel verbinden können. Deren Zellkerne wandern sogar durch das ursprüngliche Mycel und ersetzen degenerierte Kerne.
Till hat geschrieben:Ich habe eine andere Vermutung, wie es zur Degeneration bei Pilzen kommt, die hier auch schon anklang: Die Erbanlagen verändern sich wahrscheinlich gar nicht. Aber es könnte sein, dass durch ungünstige Substrate bestimmte Gene inaktiv werden. Und das kann sich wohl auch eine Weile halten. Man weiß ja mittlerweile auch, dass bei Tieren erworbene Eigenschaften bis in die dritte Generation vererbt werden können - aber ohne die eigentlichen Erbanlagen zu verändern. Vererbt wird nur, wie die Anlagen ausgelesen werden.
Ich vermute nun, dass es bei Pilzen ähnlich ist. Ein schlechtes Substrat führt dazu, dass der Pilz manche Gene nicht mehr aktiviert und kümmert. Wie das kommt, weiß ich nicht: Durch Nährstoffarmut? Durch Überschuss an Nährstoffen, die den Pilz "faul" machen? Durch die Abwesenheit von symbiotischen Lebewesen? Wie auch immer, die Sache kann man wahrscheinlich aber rückgängig machen, wenn man ihm das richtige Milieu gibt. Da müsste man mal experimentieren. Ich habe leider keine Erfahrungen, weil mein Myzel noch nicht degeneriert ist. Wäre aber eine spannende Sache.
Mit der Ermüdung des Mycels durch einseitige Ernährung und die Abschaltung gewisser Gene hast du natürlich recht. Wäre möglich, daß der Shiitakestamm von Fritz im ersten Beitrag unter diesem Effekt litt. Das scheint aber nichts mit der eigentlichen Alterung zu tun zu haben. Nicht umsonst wird in der Pilzzuchtliteratur oft empfohlen, ab und zu das Nährmedium zu wechseln, damit ein Mycel über längere Zeit vital bleibt.

Laß uns doch zwischen Alterung und Ermüdung unterscheiden, um nicht durcheinanderzukommen. Diese Pilze sind ja so schon kompliziert genug. :D

Grüße, Carsten
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Beitrag von Mycelio » Freitag, 17. Juli 2009 12:49

Hallo Titus,

bei der Epigenetik stimme ich dir voll und ganz zu.

Bzgl. des Urzeit-Codes... nimm das Buch bitte nicht zu ernst. Es macht sicher einen wissenschaftlichen Eindruck und es wäre sicher spannend, wenn sowas möglich wäre, aber der Autor ist kein Wissenschaftler, sondern Herausgeber einer Mistery-Zeitschrift, die monatlich von Ufo-Sichtungen, Kornkreisen, Astralreisen, Nessie und diversen Verschwörungstheorien berichtet. Da stößt man auf Geschichten wie 'Hitler besaß das Perpetuum Mobile' und 'Aus Blei Gold gemacht'. Er lebt davon, den Leuten Märchen aufzutischen.

Grüße, Carsten
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hi

Beitrag von AndyMM » Freitag, 17. Juli 2009 19:17

Hi, klingt ja sehr intressant alles... über was ich schon wirklich nachgedacht habe ist, Pilze in einem Elektromagnetischem Feld wachsen zu lassen um zu schauen ob dies einfluss auf das Wachstum hat...

Werde mal wenn ich so weit bin und ein paar Kulturen habe einen Test starten, bei dem ich zwei identische Gruppen unterteile und eine davon in ein Magnetisches Feld ziehe..

Mal kucken..

Gruss Andy
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Beitrag von SchwammeRulz » Freitag, 17. Juli 2009 20:04

Hey Carsten

das klingt so als kennst du das Buch. Es stimmt schon, das es ein Reporter geschrieben hat, der auch für eine Mystery Zeitung arbeitet. Aber da ist ja hinten drin auch die Patentschrift. Naja, ich muß sagen, ich kann es eh nicht nachprüfen, bin dazu zu "dumm" (fällt gerade kein besseres Wort dafür ein. :-)

Das Buch heißt "Der Urzeit Code" und ist von Luc Bürgin (Herbig Verlag)

Und wegen dem Elektromagnetischem Feld. Solche Felder sollten für Lebenwesen nicht so gut sein (Handystrahlung usw.) Versuche es mal mit einem Elektrostatischem Feld.
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Beitrag von Mycelio » Freitag, 17. Juli 2009 22:00

SchwammeRulz hat geschrieben:das klingt so als kennst du das Buch. Es stimmt schon, das es ein Reporter geschrieben hat, der auch für eine Mystery Zeitung arbeitet. Aber da ist ja hinten drin auch die Patentschrift.
Habe früher mal gern ähnliche Bücher gelesen. Den 'Urzeit Code' kenne ich aus Diskussionen in anderen Foren, wo es auch mal zusammengefaßt wurde. So ein Patent scheint es zu geben, zumindest für die Fischeier im statischen elektrischen Feld. Aber irgendwie konnte sonst niemand den Effekt reproduzieren. Den genetischen Teil gibt es meines Wissens nach nur in dem Buch, daher sehe ich es mehr als Esoterik-Wissenschafts-Krimi mit konsequenter und dreister Werbestrategie. Aber ich will dir nicht den Spaß am Lesen verderben.

Grüße, Carsten
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