Pleurotus ostreatus (Austernseitling) Licht und Fruchtung

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Pleurotus ostreatus (Austernseitling) Licht und Fruchtung

Beitrag von Ständerpilz » Montag, 13. Juni 2016 18:24

Hallo,

ich habe heute ein interessantes Paper erhalten, welches die Lichtbedingungen untersucht, die optimal für die Fruchtung sind. Das Paper ist bereits von 2009, also im Grunde ein "alter Hut". Nichtsdestotrotz sicherlich interessant. Der Titel ist "Reproducible and contrallable light induction of in vitro fruiting of the white-rot badidiomycete Pleurotus ostreatus", von den Autoren Arjona, Aragon, Aguilera, Ramirez, Pisabrarro.

Da sind ein paar interessante Dinge probiert worden, mit ebenso interessanten Ergebnissen. So wird demnach das Mycelwachstum durch Licht inhibiert, jedoch bei rotem Licht nur wenig. Interessanter ist aber der Zusammenhang von Licht und Fruchtung.

Ich werde das mal bei Gelegenheit etwas zusammenfassen.
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Re: Pleurotus ostreatus (Austernseitling) Licht und Fruchtun

Beitrag von Lauscher » Mittwoch, 15. Juni 2016 15:15

von den Autoren Arjona, Aragon, Aguilera, Ramirez, Pisabrarro.
Kenne ich die aus dem Herrn der Ringe? :lol:
So wird demnach das Mycelwachstum durch Licht inhibiert, jedoch bei rotem Licht nur wenig. Interessanter ist aber der Zusammenhang von Licht und Fruchtung.
Ich bin ja mal neugierig, was dort über blaues Licht und Fruchtung gesagt wird. :wink:
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Re: Pleurotus ostreatus (Austernseitling) Licht und Fruchtun

Beitrag von Ständerpilz » Mittwoch, 15. Juni 2016 16:01

Interessanterweise ist nicht nur das Licht entscheidend, sondern auch die Dunkelphasen. Je länger die Dunkelphase, desto schneller ging die Morphogenese (Bildung von Primordia, Fruchtkörpern). Es muss auch gar kein 24h-Rhythmus sein. Siehe weiter unten.

Für das Mycelwachstum (Durchwachsphase) wiederum ist Licht gar nicht gut, denn es verlangsamt das Mycelwachstum. Wenn man jedoch nach den Kulturen guckt, macht man ja das Licht an, sonst sieht man ja nichts. Dafür kann man aber, ähnlich wie die Fotografen früher, Rotlicht nehmen. Am wenigsten inhibierend für das Wachstum ist offenbar "incandescent red light", also rotes Glühlampenlicht, wohingegen "flourescent filtered red" auch noch tauglich ist, aber geringfügig stärker inhibiert. Ich denke, wenn man für die Kontrolle des Mycels in der Durchwachsphase rotes Licht (ohne Wellenlängenpeaks <600 nm) nimmt und so wenig nach den Kulturen guckt, wie möglich, dann dürfte das völlig ausreichen.


Hell-/Dunkelphasen von 0,5/3 und 1/21 Stunden zeigten die besten Effekte. Verblüffend, oder? Die Forscher gehen ferner davon aus, dass eine gewisse Länge der Dunkelphase entscheidend für die Einleitung der Fruchtung ist.

Immerhin: Das Mycel hat von Beginn der Beleuchtung mit weißem Licht (für Fruchtung) bis zur Bildung ausgewachsener Fruchtkörper nur 4-5 Tage gebraucht!

Wobei die Forscher nur drei bestimmte Strains verwendet haben und ein definiertes Medium, also kein Komplexmedium.

Aber ich lese noch. Bin gestern nicht mehr so weit gekommen und heute mache ich auch nicht mehr lange, bin ziemlich müde.
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Re: Pleurotus ostreatus (Austernseitling) Licht und Fruchtun

Beitrag von Ständerpilz » Mittwoch, 15. Juni 2016 16:37

Ich zitiere mal die Zusammenfassung im Original:

"In summary, we have shown that it is possible to trigger fruiting in P. ostreatus N001 cultured on synthetic SMY medium at 25°C by subjecting the cultures to photoperiod regimes. The basic photoperiod regime can be 12 light/12 h darkness, but it can be modified to shorten the light and dark periods. Using appropriate photoperiod regime, consistently reproducible fruiting can be achieved after 4-6 d of the illumination regime. The inducing signal is the blue light, and fruiting can be triggered using very low light intensities, while it is inhibited under exposure to high intensities. The fruiting bodies produced by this method release mature, viable spores that can be used for further genetic experiments. Finally fruiting is induced long before the nutrients in the culture medium is exhausted."

Blaues Licht als permanente Beleuchtung für die Durchwachsphase zur Schimmelminimierung ist also eine schlechte Idee. Zu helles Licht ist auch nicht gut, was du ja auch schon experimentell bewiesen hast. :p
Wäre natürlich erst mal auszuprobieren, ob das für "normale" Pilzzuchtbedingungen (auf komplexen Medien, anderen Strains und ggf. Arten der gleichen Gattung etc) zutrifft, aber davon gehe ich mal ganz optimistisch aus.
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Re: Pleurotus ostreatus (Austernseitling) Licht und Fruchtun

Beitrag von Lauscher » Freitag, 17. Juni 2016 14:20

Sehr spannend, danke für die Recherche und das Zitat!
The inducing signal is the blue light, and fruiting can be triggered using very low light intensities,
Das würde ich jetzt gerne noch genaur wissen! Wie intensiv muß die Lichtstärke in Lux sein? Reicht monochromes Blaulicht, oder ein etwas breiteres Blauspektrum?
Wären LEDs mit Peak in Blau genauso geeignet, oder besser eine Beschränkung nur auf Blau?
Zu helles Licht ist auch nicht gut, was du ja auch schon experimentell bewiesen hast. :p
Da bin ich noch unsicher - die Kräuterseitlinge hatte ich zuletzt direkt unter der Lampe, und sie haben sich prächtig entwickelt, ohne ihr auszuweichen.
Finally fruiting is induced long before the nutrients in the culture medium is exhausted
:shock: erstaunlich ...

Weißt Du etwas über die Temperatur und die Luftfeuchte beim Experiment? Und über Frischluftaustausch?
Hell-/Dunkelphasen von 0,5/3 und 1/21 Stunden zeigten die besten Effekte. Verblüffend, oder? Die Forscher gehen ferner davon aus, dass eine gewisse Länge der Dunkelphase entscheidend für die Einleitung der Fruchtung ist.
Sehr seltsam und für mich erst einmal unerklärlich ...
Ich habe das Licht derzeit 7 Stunden am Tag an, das entspricht 29% der Tageslänge.
0,5 Stunden Licht mit 3 Stunden Dunkelheit wären ca. 14%, 1 Std. zu 21 Std. nur noch 4,5% der Tageslänge. Das ist wirklich minimalistisch.
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Re: Pleurotus ostreatus (Austernseitling) Licht und Fruchtun

Beitrag von Ständerpilz » Freitag, 17. Juni 2016 15:27

Lauscher hat geschrieben:Das würde ich jetzt gerne noch genaur wissen! Wie intensiv muß die Lichtstärke in Lux sein? Reicht monochromes Blaulicht, oder ein etwas breiteres Blauspektrum?
Wären LEDs mit Peak in Blau genauso geeignet, oder besser eine Beschränkung nur auf Blau?
Der Reihe nach. Erst mal zum Mycelwachstum:
"When P. ostreatus is cultured under constant flourescent white light (4000 lux) its vegetative growth rate is strongly reduced in comparison with that observed when it is cultured in complete darkness."
Die lineare Wachstumsrate nimmt mit steigender Beleuchtungsstarke ab.

Zur Fruchtung:
Das ist dem logarithmischen Diagramm schwer zu entnehmen, aber wenn ich das richtig deute, dann reicht schon eine Lichtstärke von ca. 4 bis max. 100 Lux aus, um den verwendeten Strain zum Fruchten zu bringen. Das aber bei konstanter Beleuchtung mit weißem Licht.
Beim Stamm N001 wurden die Kulturen 3 Tage im Dunkeln gehalten und wurden dann 12 Stunden mit "high intensity white light" behandelt. Da steht leider nicht, wieviel Lux, aber die maximal verwendete Beleuchtungsstärke war 4000-4600 Lux, steht an anderer Stelle. Anschließend wurden sie wieder im Dunkeln aufbewahrt. Nach 4 Tagen setzte die Morphogenese ein. Also kein Kälteschock notwendig.

Zum Licht generell:
Es wurden nur 4 verschiedene Leuchtmittel verwendet und die Spektren sind abgebildet. A. White flourescent light. B. Red flourescent light. C. Red incandescent light. D. Red flourescent light in which the non-red emission bands have been filtered out.
Lauscher hat geschrieben:Weißt Du etwas über die Temperatur und die Luftfeuchte beim Experiment? Und über Frischluftaustausch?
24°C bei 80% rel. Luftfeuchte und 400 ppm CO2.
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Re: Pleurotus ostreatus (Austernseitling) Licht und Fruchtun

Beitrag von Lauscher » Mittwoch, 16. November 2016 14:12

Interessanter Aspekt: Ultraviolettes Licht regt Vitamin-D-Produktion in Austernpilzen an:

Seit Kurzem bietet Rühl eine besonders Vitamin-D-reiche Sorte an: "Lichtpilze" nennt er sie. Die zusätzlichen Vitalstoffe kommen mithilfe des Lichts in den Pilz. Das geht so: Viele Speisepilze enthalten von Natur aus Vitamin D und wichtige Vitamine der B-Gruppe. Bestrahlt man Champignons oder Austernseitlinge mit Ultraviolettlicht, dann steigt ihr Vitamin-D-Gehalt deutlich. Denn UV-Licht wandelt, ähnlich wie in unserer Haut, ein vorhandenes Provitamin um in das Vitamin. Das haben jüngere Forschungen an den Universitäten Freiburg und Hannover ergeben
Quelle: http://www.zeit.de/2016/45/ernaehrung-z ... ekaempfung
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