gärendes Strohsubstrat, Holz und Getreide

Pasteurisieren, Fermentieren, Substratvermehrung

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Hephaistos
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Beitrag von Hephaistos » Montag, 18. Februar 2008 13:59

Hallo!

Ich denke wir müssen 2 Sachen unterscheiden:

1) Sauerstoffgehalt der Flüssigkeit
2) gasförmig vorhandener Sauerstoff in Luftblasen zwischen und innerhalb der Strohhalme.

Ersteres ist glaube ich kein Problem, da wir ja bei Zimmertemperatur arbeiten, und daher sowieso relativ wenig Sauerstoff gelöstist.

Zweiteres ist ein größeres Problem. Ich mache es immer so: Stroh mit heißem Wasser (ich schätze mal so ca. 60°C) aus der Wasserleitung aufgießen. und ca. 5 min. warten. Durch das heiße Wasser erweichen die Halme etwas. Da diese allerdings kalt sind, kühlt die Mischung ziemlich schnell ab. Dann drücke ich die Halme komplett unter Wasser, wo ich diese auch verdichte. Ein Teil der Luft wird dann durch Wasser ersetzt. Das Verdichten wiederhole ich 2 bis 3 mal. Das sollte reichen. Jedoch werden bei der Gärung auch wieder Gase frei, die sich dann wieder fest setzten und den Auftrieb des Strohs beschleunigen. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als täglich das Material zu wenden.

Möglich wäre allerdings noch eine Methode, die mein Vater bei der Sauerkrautherstellung verwendet:

Bild

Gruß,
Hary
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Beitrag von Mycelio » Montag, 18. Februar 2008 14:16

Hallo nochmal,


danke für die Tips. In meinen Strohpellets, die unter Wasser aufquellen, dürfte dann ja nicht viel Luft enthalten sein. Ansonsten hört sich das Zusammendrücken ganz gut an.

Übrigens muß ich meine Ansätze auch täglich umrühren, damit sie nicht überschäumen...


Grüße, Carsten
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Beitrag von Hephaistos » Donnerstag, 21. Februar 2008 21:47

Hallo!

Sheint so als würde der Pilz siegen.... :D

Gruß,
Hary
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Beitrag von Mycelio » Freitag, 22. Februar 2008 14:09

Hallo,


freut mich, daß es klappt. Austern bringt wohl nichts so schnell um...
Mein erster unsteriler Austernversuch fängt bereits an, zu fruchten. Habe zwei Fotos in den ersten Beitrag eingearbeitet. Bei der winzigen Substratmenge (100g Feuchtgewicht) wird da aber nicht viel zu erwarten sein...


Grüße, Carsten
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Beitrag von Mycelio » Dienstag, 26. Februar 2008 23:06

Habe soeben die ersten Austern geerntet, die auf vergorenem Substrat wuchsen. Waren zwar nur mickrige 15g, aber da das Substrat ein Trockengewicht von etwa 30g hatte, finde ich das gar nicht so schlecht für die erste Welle.

Die Stiele liegen jetzt unsteril auf vergorenem Getreide und ich bin sehr gespannt, was daraus wird. Ob das wohl gut geht? Wir werden es bald wissen... :D


Grüße, Carsten
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Beitrag von Mycelio » Sonntag, 09. März 2008 20:26

Hallo,


neues zum Thema unsterile Getreidebrut:

Das Austernmycel schwärmt aus und frißt sich durch die Milchsäurebakterien, jedoch sehr viel langsamer als gewohnt. Man sieht auch keine langen, wattigen Hyphen, wie sonst, hier wachsen sie kurz und viel dichter.

Bild Bild Bild Bild
Fotos nach 0, 5, 8 und 12 Tagen.


Grüße, Carsten
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Beitrag von Jinx » Sonntag, 09. März 2008 23:55

Na wenn das Getreide nach 12 Tagen immer noch nicht verschimmelt ist hätt ich mir das sterilisieren meines vergorenen Getriedes damals ja sparen können. :D
Hast du auch eine Vergleichspetri? Nur mal um zu sehen wie lang das unbeimpft steht ohne zu vergammeln. Oder anders gefragt: entsteht da stinkender Matsch oder trocknets irgendwann einfach aus?

Gruß
Jinx
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Beitrag von Mycelio » Montag, 10. März 2008 00:47

Hatte neulich einen Teelöffel davon in ein anderes Glas gegeben und eine Stunde in der Küche offen stehen gelassen, während ich aufgeräumt habe, damit ordentlich Staub und Schimmelsporen reinfallen. Eben gerade roch es immer noch säuerlich und es war weder Schimmel noch irgendein Matsch zu sehen. Offensichtlich können Schimmelsporen durch den niedrigen PH nicht auskeimen und auch Hefen kommen damit nicht klar. :D Außerdem ist ja alles mit lebendigen Milchsäurebakterien besiedelt.
Es kann aber gut sein, daß nur Austern und andere Seitlinge auf so einem Substrat wachsen können. Und selbst die wachsen eher wiederwillig ein. Vielleicht sollte man Kalk/Gips dazugeben, um den PH wieder anzuheben. Wahrscheinlich schimmelt es dann aber leichter.

Grüße, Carsten
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Beitrag von Lauscher » Montag, 10. März 2008 10:44

Mycelio hat geschrieben:Außerdem ist ja alles mit lebendigen Milchsäurebakterien besiedelt.
Es kann aber gut sein, daß nur Austern und andere Seitlinge auf so einem Substrat wachsen können. Und selbst die wachsen eher wiederwillig ein. Vielleicht sollte man Kalk/Gips dazugeben, um den PH wieder anzuheben.
Hallo Carsten,

ich hab ja keine Ahnung, aber nur so als Idee: Wenn Du Holzasche dazugibst, müßte der PH-Wert sich wieder normalisieren. Die Asche ist steril, alkalisch und voller leckerer Mineralien. Die Bakterien werden dadurch evtl. zurückgedrängt, was gut oder schlecht sein kann.

Gruß, Lauscher
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Beitrag von Mycelio » Montag, 10. März 2008 12:39

Hallo,


gute Idee mit der Asche, selbst Zigarettenasche sollte klappen. Von Kalium bis Mangan ist da ja alles drin. Werde ich mal testen.

In diesem Fall bin ich mir nur noch nicht sicher, ob ich den PH-Wert überhaupt anheben sollte. Finde es nämlich ganz gut, daß die Schimmelsporen nicht keimen können, das Mycel aber weiterwächst.


Grüße, Carsten
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Beitrag von Mycelio » Samstag, 22. März 2008 18:47

Mal wieder ein Update von der unsterilen Austern-Getreidebrut nach 25 Tagen:

Das Mycel frißt die letzten Körner und riecht lecker nach gesundem Seitlingsmycel. Verdichten muß es sich offensichtlich nicht mehr. :D
Bild Bild Bild
Auch wenn es fast einen Monat gebraucht hat und sich erstmal auf das saure Getreide einstellen mußte, es hat doch gewisse Vorteile, wenn das Getreide nicht schimmeln oder sonstwie kontaminieren kann. Man kann das Glas gefahrlos öffnen, reinschauen, dran riechen, Fotos machen, usw.

Werde das Getreide demnächst mit kalt eingeweichten Holzspänen mischen, evtl. streue ich erstmal ein paar Späne obendrauf, dann kann es sich schonmal darauf einstellen...


Grüße, Carsten
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Beitrag von AndreasTyrol » Dienstag, 25. März 2008 17:02

Hallo :)

Also dieses Ergebnis hätte ich so nicht erwartet: die Konservierung durch Milchsäurebakterien ist zwar bekannt, dass man aber Getreide dadurch so widerstandsfähig machen kann, dass man unsteril Austernpilze auf Getreide klonen kann, ist schon erstaunlich! 8)

Ich werde den Versuch gleich mal nachbauen. :D

Irgendwo sagt Lelley was über Stroh, das schlecht für die Pilzzucht geeignet wäre, weil es bei der Silageherstellung Qualität einbüßt. Leider kann ich mich nicht mehr an die genaue Textstelle erinnern. Ich werde es versuchen zu finden. Denn dies steht im Widerspruch zu diesem schönen Versuch von Carsten (Mycelio). (Außerdem, fällt mir gerade auf: Stoh wird ja gar nicht "silagiert", oder?)


VG von Andre.
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Beitrag von Mycelio » Dienstag, 25. März 2008 19:58

Hallo Andre,


hatte am Samstag das Mycel noch mit überschüssigem Substrat von einem anderen Versuch bedeckt, einem abgekochten Gemisch aus Stroh, Buchen- und Fichtenholz. Jetzt wuchert es richtig los und dabei ist es der schwächere Stamm von den Supermarktaustern. Ein Foto nach drei Tagen:
Bild
Bin selbst erstaunt, wie es jetzt abgeht. Während der ersten acht Tage schienen die Austernklone von dem sauren Getreide eher angewiedert zu sein. Dann wurde Körnchen für Körnchen überwachsen. Erst als mehr Mycel da war und sich die drei Klone verbunden hatten ging's schneller.

In früheren Versuchen mit Shiitake und Pioppino konnte ich diesen Effekt auch schonmal beobachten. Da hatte ich kleinere Kontis im Getreide, die wohl jeder schonmal gesehen hat. Ein paar Körner wurden matschig und sonderten weiße Flüssigkeit ab. Beide Male wurden die Kontis vom Mycel eingeschlossen und nach und nach erobert.

Werde das demnächst auch weitertesten. Ist ja schon vorteilhaft, wenn man nicht stundenlang den DDKT beheizen und keine Angst vor Kontis haben muß, auch wenn's länger dauert. Ich hoffe nur, daß der Erfolg kein einmaliger Zufallstreffer war... Werde mal Stroh gären lassen und nach ein paar Tagen abgekochtes Getreide zugeben.

Übrigens scheint vergorenes Getreide nicht allzulange haltbar zu sein. Nach einigen Wochen riechen die Kontrollgläser immer mehr nach Essig.


Grüße, Carsten


PS: In Lelleys Kulturtechnologie der Speisepilze, im Kapitel über Austernpilze wird ein semianaerobes Gärverfahren für Stroh beschrieben, ab Seite 166, Kapitel 8.2.3. Vielleicht meintest du das? Ich finde da aber keinen Hinweis auf reduzierte Substratqualität. Lelley schreibt, es wäre gleichwertig zu unbehandeltem Stroh.
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Beitrag von AndreasTyrol » Mittwoch, 26. März 2008 15:15

Hallo Carsten :)


>Werde das demnächst auch weitertesten. Ist ja schon vorteilhaft, wenn man nicht stundenlang den DDKT beheizen und keine Angst vor Kontis haben muß, auch wenn's länger dauert.

Interessant wäre ein Test auch mit anderen Arten: P. ostreatus ist ja sehr aggressiv und überwuchert auch bei Schwierigkeiten nach einer Anpassungszeit nahezu alles. Aber wie stehts z.B. mit Pioppino, Igel, Shiitake und Co.?

>Übrigens scheint vergorenes Getreide nicht allzulange haltbar zu sein. Nach einigen Wochen riechen die Kontrollgläser immer mehr nach Essig.

Je weiter der pH absinkt umso leichter haben es die Essigsäurebakterien, die sich dann gegen die Milchsäurebakterien durchsetzen. Was zur Folge hat, dass der pH nochmal stark absinkt. Ob der Austernpilz auch dann noch damit zurechtkommt, müsste man auch mal ausprobieren.

Übrigens wäre ich nicht so sicher, dass auf der "Silage-Getreidebrut" keine Kontis wachsen: Aspergillus niger z.B. wächst sehr gut bei niedrigem pH, er wird sogar großtechnisch bei niedrigem pH verwendet um Zitronensäure herzustellen. Hast du das Getreide vor der Milchsäuregärung zum Aufquellen abgekocht?

(Vergiss meine Meldung zum silagierten Stroh von oben, es war nur eine Verwechslung. Silagiertes Heu ist oft kontaminiert und in Folge auch die damit "erzeugte" Milch die dann nur mehr sehr bedingt für die Käseherstellung geeignet ist, was mit der Biotechnologie der Speisepilze nichts zu tun hat.)


Schöne Grüße von
Andre.
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Beitrag von Mycelio » Mittwoch, 26. März 2008 15:50

Hallo Andre,


wie schon gesagt, Pioppino und Shiitake haben bei mir schon Milchsäure-Kontis gekillt. Pioppinosporen auf Hirse kamen auch damit zurecht, als das Glas irgendwann sauer roch. Selbst ein Igel hat mal 5 Wochen Pause gemacht, als das Holz/Kaffee-Gemisch gärte, danach hat er mit Macht alles zugewuchert. Mittlerweile fruchtet er prächtig.
Weitere Tests mit Pioppino-Flüssigmycel sind gerade in Arbeit. Wegen dem Essig bin ich aber sehr skeptisch.

Übrigens - sorry, bin ein Klugscheißer - sagt man 'siliert', auch wenn das Endprodukt Silage heißt.

Zur Vorbereitung des Getreides:
Hatte es einen Tag lang eingeweicht. Dann das Einweichwasser abgegossen und aufgehoben, die Körner gespült und abgekocht, damit sie nicht keimen und nach dem Abkühlen wieder Einweichwasser zugegeben. Damals hatte ich auch von gärendem Stroh einen Teelöffel Brühe zugesetzt, die Mikroben aus dem Einweichwasser sollten aber ausreichen. Wenn ich Sauerteig ansetze, nehme ich auch nur Vollkornmehl und Wasser.

Apsergillus Niger... Nunja, die Gärung läuft ja erstmal unter Wasser und anaerob ab. Später ist dann die Oberfläche dicht besiedelt, da sollte er es sehr schwer haben. Hoffe ich zumindest. Glücklicherweise sieht man den ja, wenn er zuschlägt.


Grüße, Carsten
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