Morchel-Sklerotien züchten

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Morchel-Sklerotien züchten

Beitrag von Mycelio » Donnerstag, 12. Juni 2008 22:38

Liebe Morchelfreunde,


nachdem ich so viel über die Morchelzucht gelesen habe (siehe: Morchel-Infos, Beirtag nur für Mitglieder zugänglich), dachte ich mir ich probier's auch mal. Da ich nichts von Geheimniskrämerei und Patenten halte, werde ich meine Experimente hier dokumentieren. Selbst wenn alles schiefgeht, wissen dann wenigstens andere, was sie nicht versuchen müssen. Wäre auch schön, wenn mal andere von ihren laufenden Versuchen berichten.

Mein erstes Ziel ist es, ein passables Substrat zu finden, in dem das Mycel wächst, nach einer Weile Sklerotien bildet und sich dann in diese zurückzieht. Mit diesen Sklerotien kann man ja wieder neues Substrat beimpfen und sie im Spätherbst draußen verbuddeln. Indoor-Fruchtung werde ich nicht versuchen, da ich die Informationen aus den Patentschriften von Ower und aus den Anleitungen im Netz für Unsinn halte. Offensichtlich hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten niemand damit Erfolg gehabt...

Soweit der Plan.

Mein erstes Substrat besteht jeweils zur Hälfte aus Getreide und Holz, neben diversen Zusätzen und einer nährstoffarmen Deckschicht. Genauer gesagt:
  • Getreide:
    40% Sittichfutter (ungeschälte Hirse, mehrere Sorten)
    40% Rasensaat
    20% Hanf
  • Holz:
    90% Chipsi S (feine Buchenspäne)
    10% Rindenmulch
  • Zusätze:
    zerstoßene Hundekekse
    Aktivkohle
    Gips
    Kalk
    Pottasche (Kaliumkarbonat)
    Zigarettenasche
  • Deckschicht:
    ein paar cm Seramis
Die Mengenangeben sind nur ungefähr, habe nicht genau gemessen oder abgewogen. Die Zusätze sind nach Menge geordnet, also am meisten Hundekekse.
Holz und Getreide habe ich im Verhältnis 1:1 bis 2:1 gemischt und dann 10 - 20% der gemischten Zusätze beigemengt. Damit wurden 12 Gläser gefüllt und sterilisiert.

Soeben habe ich zwei Morchelpetris (Morchella esculenta) zu Flüsigmycel verarbeitet, indem ich einfach etwas Wasser auf den fein überwachsenen Agar gegeben, dann mit der Kanülenspitze drübergekratzt, das Wasser wieder zurück in die Spritze gezogen und geschüttelt habe. Mit jeder Spritze wurden dann sechs Gläser beimpft und in eine dunkle Schachtel gestellt. Nun bin ich extrem gespannt, ob sie alle genügend Mycel abbekommen haben und ob es einwächst. Ich denke, innerhalb einer Woche sollte ich es wissen.

Ihr könnt ja schonmal Kommentare abgeben oder Wetten abschließen. :D


Grüße, Carsten
Zuletzt geändert von Mycelio am Freitag, 13. Juni 2008 17:21, insgesamt 2-mal geändert.
schopfmorchel
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Beitrag von schopfmorchel » Freitag, 13. Juni 2008 12:23

Hi,
ich hab da kürzlich was entdeckt was einen Versuch vielleicht wert wäre:

http://zuchtbedarf.de/304SP1_package/xt ... lgras.html

es muß niemand hinklicken, es geht um sogenanntes Weidelgras

Ulrich
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Beitrag von Mycelio » Freitag, 13. Juni 2008 14:44

Hi Ulrich,


stimmt, ich hätte auch Deutsches Weidelgras bei Myco bestellen können, wollte mir aber die Transportkosten sparen und habe einfach billigen Sport- und Spielrasen aus dem nächsten Baumarkt geholt. Der besteht aus:
50% Deutsches Weidelgras
45% Rotschwingel
5% Wiesenrispe
In englischsprachigen Morchelzuchtanleitungen hatte ich öfter von 'Annual Ryegrass' gelesen, welches hierzulande Italienisches Weidelgras heißt. Laut Wikipedia sind das alles Süßgräser, daher denke ich mal, daß es keinen großen Unterschied macht. Hoffe nur, daß mein Saatgut nicht mit Fungiziden behandelt ist...

Werde die oben genannte Getreidemischung in Kürze auch mal mit Champignonmycel testen.


Grüße, Carsten
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Beitrag von Das-Pilzimperium » Freitag, 13. Juni 2008 14:49

hey hey hey...

hab noch Morchelprints :wink:
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Beitrag von Mycelio » Freitag, 13. Juni 2008 16:55

Das-Pilzimperium hat geschrieben:hab noch Morchelprints :wink:
Du glücklicher. Habe selbst noch nie eine Morchel gefunden.

Von welcher Sorte hast du Sporen. Bei dir kann man ja sicher sein, daß sie richtig bestimmt wurde. :D

Hat man da überhaupt Chancen auf Erfolg oder wird man da von Mucor und anderen Kontis gefressen?


Grüße, Carsten
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Beitrag von schopfmorchel » Freitag, 13. Juni 2008 18:24

Hallo Carsten,
ja aber ich war der Meinung daß es um die Struktur des Heus geht, und nicht nur um die Pflanzenart selbst.
So wie im Mineralwasser das Co2 am Reiskorn, oder sonstiger rauher Stelle entweicht.
also bei meiner Körnerbrut (Gerste mit Spelzen) haben sich die Sklerotion schon heftig gebildet.
Klar der Samen selbst hat auch Spelzen, aber vielleicht wäre eben auch etwas Heu (vom Weidelgras) sinnvoll.

Ulrich
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Beitrag von Mycelio » Freitag, 13. Juni 2008 20:01

Hallo Ulrich,

OK, ich hatte nur an die Körner gedacht. Die Rasensaat ist schon voller Spelzen, aber ich wollte demnächst sowieso nochmal Substrate mit Strohzusatz testen. Heu könnte ich dann auch reinmischen. Und Hefeextrakt, den hatte ich im Eifer des Gefechts ganz vergessen...

Wahrscheinlich gibt's auch große Unterschiede, je nach dem, ob man Spitz- oder Speisemorcheln hat. Die erste wächst und fruchtet ja gut auf Rindenmulch, die zweite gar nicht.

Grüße, Carsten
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Beitrag von Das-Pilzimperium » Freitag, 13. Juni 2008 20:20

Mycelio hat geschrieben:Du glücklicher. Habe selbst noch nie eine Morchel gefunden.

Von welcher Sorte hast du Sporen. Bei dir kann man ja sicher sein, daß sie richtig bestimmt wurde. :D
es sind Sporen einer Mostermorchel Käppchenmorchel um genau zu sein

Bild

Mycelio hat geschrieben: Hat man da überhaupt Chancen auf Erfolg oder wird man da von Mucor und anderen Kontis gefressen?


nu aufgrund der hutstrukur und der dadurch sehr großen Oberfläche sind die Kontigefahren natürlich sehr groß

ca. 5-10% werden was der rest ist für die Katz
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Beitrag von Das-Pilzimperium » Freitag, 13. Juni 2008 20:25

:lol: :lol:

da war ich wohl etwas zu schnell

meine Frau hat gerade noch einen Print von einer Spitzmorchel gefunden

Bild
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Beitrag von Mycelio » Freitag, 13. Juni 2008 21:05

Holla, das sind ja beeindruckende Exemplare. Die Käppchenmorchel könnte glatt in nem Pornofilm mitspielen. :D

5 - 10% Erfolgsquote mit Sporen hört sich nach Arbeit an...

Habe gerade nochmal den Morchel-Artikel auf Wikipedia gelesen
http://de.wikipedia.org/wiki/Morchel
und endlich mal verstanden, warum die Asche so mögen.
Morcheln haben unter allen Delikatesspilzen den höchsten Phosphorsäure- und den zweithöchsten Kaliumoxidanteil.
Nährwert und Inhaltsstoffe pro 100 g rohe Speisemorchel:
50 kJ (Kilojoule) Energiegehalt,
89 g Wasser,
1,7 g Proteine,
0,5 g verwertbare Kohlenhydrate,
0,3 g Fette,
7 g Ballaststoffe,
2 mg Cholesterin,
390 mg Kalium,
11 mg Kalzium,
162 mg Phosphor,
1,2 mg Eisen,
16 mg Magnesium und
5 mg Vitamin C.
Bisher hatte ich immer gedacht, nur der hohe PH-Wert wäre wichtig. Interessant... Wenn ich nicht genug Asche auftreiben kann, werde ich meinem nächsten Substrat mal getrocknete Brennesseln und Giersch zusetzen, die enthalten auch massig Kalium, aber zuwenig Phosphor. Naja, dafür findet sich bestimmt auch noch ne Alternative...

Brennessel:
14,95% Stickstoff, 10,21%Phosphor, 33,75% Kalium, 33,95% Calcium, 5,79% Magnesium,
(Quelle: Inhaltsstoffe in Brennnesseln (Urtica dioica))

Giersch:
2,78% Stickstoff, 7,31%Phosphor, 38,3% Kalium, 8,96%Calcium, 3,04% Magnesium,
(Quelle: Inhaltsstoffe in Giersch (Aegopodium podagraria))


Grüße, Carsten
Zuletzt geändert von Mycelio am Montag, 16. Juni 2008 18:30, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von Das-Pilzimperium » Freitag, 13. Juni 2008 21:09

interessant ist auch noch das Morcheln an Brandstellen wachsen... so wie in meinem Garten....


oder am Ufer wo die Jugend Lagerfeuer gemacht hat

man sagt auch das Morcheln sehr viel Mangan bracuhen und sonstige anorganische Stoffe...
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Beitrag von Mycelio » Freitag, 13. Juni 2008 21:40

Mangan ist wohl - wie du schonmal erwähnt hast - in Zigarettenasche, also sollten wir nicht das Rauchen aufgeben...

Habe gerade noch Phosphorquellen gefunden. Da wären Knochenmehl (igitt), Hefeextrakt und Kleie. Wahrscheinlich ist schon im Getreide genug drin.
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Beitrag von Mycelio » Freitag, 13. Juni 2008 23:08

Ein bißchen googeln und man findet heraus, daß Morcheln folgende Spurenelemente enthalten:
Eisen, Zink, Mangan, Kupfer (nach Menge geordnet).
Kaffeesatz enthält die gleichen Stoffe in ähnlicher Verteilung. :D
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Hephaistos
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Beitrag von Hephaistos » Samstag, 14. Juni 2008 08:00

Hallo zusammen!

Also ich würde einem Morchelsubstrat ein Holzkohle/Holzaschegemisch beigeben...
Ach ja, Phosphor ist massenhaft in Hühnermist vorhanden; hier eine Übersichtstabelle.
Da wir (fast) alle Probleme mit der Beschaffung von Hühnermist haben, wäre Guanoeine Alternative. Ich habe beim Suchen auch dieses Produkt gefunden (Sollte keine Werbung sein, man muss ja nicht darauf klicken...)

Gruß,
Hary
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Beitrag von Mycelio » Samstag, 14. Juni 2008 15:27

Hallo Hary,


gute idee mit dem Geflügelmist, neben Phosphor ist ja auch reichlich Kalium vorhanden.
Der Guano ist wohl eine Alternative für kleinere Versuche, auch wegen dem enthaltenen Gesteinsmehl, das alle nötigen Spurenelemente beinhaltet. Werde es mal testen, habe das Zeug noch irgendwo rumstehen, aber etwas länger sterilisieren. Mist von Fleischfressern soll oft Clostridien enthalten und die verursachen Lebensmittelvergiftungen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Clostridien
Auf lange Sicht wäre heimischer Geflügelmist natürlich besser, der Guano wird schließlich aus Namibia hierhertransportiert...


Grüße, Carsten
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