"Braunlamelliger Riesen-Shiitake"

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"Braunlamelliger Riesen-Shiitake"

Beitrag von Lauscher » Montag, 19. November 2012 13:38

Hallo!

Ich habe diese Tage einen erstaunlichen Pilz gefunden. Auf den ersten Blick dachte ich, ich habe den größten Shiitake meines Lebens gefunden! Die braune, weißgeschuppte Oberfläche und der dicke, weißgeschuppte, exentrische Stiel paßten gut. Er wuchs auf einem dicken Stammstück, vermutlich Weide oder Pappel.

Die Lamellen sind, im Unterschied zum Shiitake, braun (dunkelbraun, rostbraun), ausgebuchtet angewachsen. Beim Anfassen bekommen die Finger braune Flecken. Sie sind elastisch, nicht gedrängt. Erst am Hutrand sind zahlreiche Zwischenlamellen vorhanden, die ein gedrängtes Bild geben. Die Lamellen sind vom Fleisch mit etwas Geschick abtrennbar. Auch die Huthaut ist abziehbar.

Ganz am Rand sind die Lamellen derart schmal, fast nicht vorhanden, daß der Hutrand wie überstehend wirkt, wie eine ca. 3 mm breite Krempe. Eine dünne schwarze, abziehbare Linie wird von Velumresten gebildet.

Der Stiel hat weiße Schuppen, die beim Anfassen verschwinden und sich braun färben. Kein Ring. Sehr dick, exentrisch angewachsen. Fleisch von Stiel und Hut ist homogen, nicht getrennt, jedoch ist das Stielfleich komplett wässrig-schmutzig-braun, das Hutfleisch dagegen ist wässerig-weiß mit Brauntönen, "schmutzig", fest. Kein Wurmbefall, trotz leichter Überständigkeit.

Bilder stelle ich noch heute rein. Hat schon jemand eine Idee?

Viele Grüße, Lauscher

Edit: Bilder:

Von oben:
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Von der Seite:
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Von hinten:
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Der kleinere von beiden im Schnitt:
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Lamellenansicht:
Bild
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Re: "Braunlamelliger Riesen-Shiitake"

Beitrag von Das-Pilzimperium » Montag, 19. November 2012 17:24

ohne bilder... keine antwort :roll:
"Unwissenheit schützt vorm sterben nicht.... !!!"

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Re: "Braunlamelliger Riesen-Shiitake"

Beitrag von Lauscher » Montag, 19. November 2012 18:07

Ups ... meine ersten Gehversuche in einer Cloud :oops: ... zwischendurch waren die Bilder mal sichtbar :roll:

Nächster Versuch:
Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild

Das sieht schon besser aus! :D
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Re: "Braunlamelliger Riesen-Shiitake"

Beitrag von Mycelio » Montag, 19. November 2012 22:08

Hallo zusammen,

ich will Alex jetzt nicht vorgreifen, aber wenn ich 'sieht aus wie Shiitake' lese, denke ich immer zuerst an den Pappelschüppling. In der - übrigens sehr guten - Beschreibung im ersten Beitrag kommt mir gerade alles passend vor, auch wenn ich diesen Pilz selbst noch nie gefunden habe.

Grüße, Carsten
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Re: "Braunlamelliger Riesen-Shiitake"

Beitrag von Lauscher » Montag, 19. November 2012 23:04

Ja, das sieht sehr gut aus - der Pappelschüppling Pholiota populnea könnte es sein. Dankeschön! Schade, daß es kein Speisepilz ist - er gilt als bitter und ungenießbar.

Die meisten Bilder im Netz zeigen jüngere, eingerollte Exemplare, und als Größe wird 5-15 cm angegeben, wogegen mein Prachtstück 25cm Durchmesser hat.
Die Gattung Pholiota hatte ich nach einem Bestimmungsschlüssel schon einmal in Verdacht, konnte ihn aber nicht erhärten, da alle beschriebenen Arten in meinen Büchern deutlich kleiner waren. Allgemein gilt die Gattung als "klein bis mittelgroß".

Viele Grüße, Lauscher
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Re: "Braunlamelliger Riesen-Shiitake"

Beitrag von Lauscher » Dienstag, 20. November 2012 15:04

So, ich hab den Pilz und seine Beschreibungen mal genauer unter die Lupe genommen. Ich finde gute Übereinstimmungen, aber auch ein paar Abweichungen:

Dermek: Hutgröße 6-12 cm, Stiel 5-12 x 1,5-3 cm
Cetto: Hutgröße 5-20cm, Stiel 4-10 x 1-3,5 cm
Pilz: Hutgröße 25cm, Stiel 15 x 5 cm

Dermek: Hutrand von schuppigen Hüllresten fransig gewimpert
Cetto: Rand schuppig
Pilz: schwarze, abziehbare dünne Velumlinie. Keine Fransen
Möglicherweise sind die Schuppen eingeschrumpelt

Cetto: Lamellen gedrängt, gerade angewachsen, weißlich, dann braun, tabakbraun
Dermek: mäßig dicht, zuerst blaß-cremefarben, später zimtbraun oder rostbraun (keine Angabe, ob ausgebuchtet o. ä.)
Pilz: ausgebuchtet angewachsen, rostbraun. Am Hutrand sind die Lamellen derart schmal, fast nicht vorhanden, daß der Hutrand wie überstehend wirkt, wie eine ca. 3 mm breite Krempe. Nicht gedrängt, erst am Hutrand durch viele Zwischenlamellen gedrängt. Schneiden etwas weißlich.
Die Lamellen sind nicht gerade angewachsen, wie Cetto sagt. Die "Krempe" wird nicht erwähnt

Dermek: Abstehender schuppiger Ring, Stiel oberhalb glatt, unterhalb geschuppt
Cetto: Flockiger Ring, Stiel auf der ganzen Länge schuppig
Pilz: Kein Ring feststellbar, Stiel auf der ganzen Länge schuppig
Der Ring könnte verlorengegangen sein

Dermek: Geruch unangenehm
Cetto: Mit charakteristischem, aromatischem Geruch
Pilz: Kein Geruch feststellbar
Mein Geruchssinn ist nicht ausgeprägt, ein schwacher Geruch kann mir entgehen

Dermek: Fleisch weißlich
Cetto: weiß
Pilz: Hutfleisch weißlich, von den Lamellen her braun angelaufen, leicht gläsern, Stielfleisch braun, leicht gläsern
Der braune Stiel wird nirgendwo erwähnt!

Dermek: Geschmack bitter
Cetto: Geschmack mild, dann säuerlich, ziemlich bitter
Pilz: erst mild, dann bitter, später etwas stechend.
Ich spürte beim Kauen eine Kreislaufbeschleunigung, die aber auch auf Unsicherheit beim Testen eines neuen Pilzes zurückzuführen sein könnte

Was meint ihr; wie gewichtig sind diese Abweichungen? Könnte es sich auch um eine Varietät von Pholiota populnea handeln?

Bücher: Bruno Cetto, Der große Pilzführer, Bd. 1, BLV
Aurel Dermek, Pilze unserer Heimat, Gondrom

Edit: Ich habe mal im DGfM-Forum nachgefragt, mal schauen, was die sagen :?:
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Re: "Braunlamelliger Riesen-Shiitake"

Beitrag von Mycelio » Freitag, 23. November 2012 18:28

Hallo Lauscher,

lokale, leicht unterschiedliche Variationen sind natürlich auch eine Möglichkeit, jedoch kommt es öfter mal vor, daß in dem einen oder anderen Buch ein Detail nicht stimmt. Z.B. hatten Reblaus und ich vor ein paar Wochen ziegelrote Schwefelköpfe gefunden, dachten aber zuerst, es könnten keine sein, weil im ersten Buch, in dem wir nachschauten, der Lamellenansatz falsch beschrieben war. Ich denke, man sollte nicht erwarten, daß jeder Autor jeden Pilz ganz genau kennt und 100%ig exakt beschreibt. Größenangaben sind auch bloß Schätzwerte, an die sich die Pilze sowieso nicht immer halten.

Ganz schlimm war es früher z.B. bei den Safranschirmlingen, als sie noch alle als Variationen vom Machrolepiota rhacodes galten und von fast jedem Autor unterschiedlich beschrieben wurden. Da herrscht erst seit der Neuordnung und Verschiebung in die Gattung Chlorophyllum durch Else Vellinga Einigkeit.

Gruß, Carsten
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