Fruchtkörperzersetzung oder -abbau bei Wellpappenklonen

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kib
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Fruchtkörperzersetzung oder -abbau bei Wellpappenklonen

Beitrag von kib » Samstag, 27. August 2011 20:12

Hallo,

wenn bei der "Klonen-auf-Wellpappe" das Myzel immer weiterwächst, was passiert eigentlich mit den Klon- bzw Fruchtkörperüberresten?

Mir fällt bei meinen Versuchen auf, dass bisher kleinere Klone sich einfach in Myzel umzuwandeln scheinen, während größere Klone, wo mehr Fruchtfleisch auf einmal vorhanden dann leicht mal das stinken und gammeln anfängt und auch um einiges empfindlicher gegenüber Nässe sind. Übernehmen dann irgendwelche Bakterien den Pilz, so dass der schließlich "umkippt"?
Hat das Eurer Erfahrung nach was mit der Größe des Pilzstücks zutun, oder ausschließlich davon, wie schnell der sich umwandeln kann?
bzw kann der Pilz seinen Fruchtkörper wieder vollständig in gesundes Myzel umwandeln???

Ich schaue mir das seit tagen an und versuche zu verstehen, wann da was passiert und warum , aber es würde mich doch mal interessieren, wer dazu etwas weiß ?

Gruß
Kirsten
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Re: Fruchtkörperzersetzung oder -abbau bei Wellpappenklonen

Beitrag von Maeks » Sonntag, 28. August 2011 12:17

Hallo Kirsten,

Ich habe das bei meinen Klonversuchen auch schon beobachtet, ich arbeite jedoch ausschließlich mit Agar-platten.
Je größer das Stück Pilzmaterial ist, desto schlechter das anwachsen und desto schneller gammelt der Pilz weg.
Es muss nicht unbedingt bedeuten, dass bakterien oder hefen dafür sorgen dass der Pilz zersetzt wird. Der Pilz zersetzt sich auch selbst heisst auf schlaudeutsch Autoproteolyse (Selbstzersetzung). Dabei gewinnt der Pilz die Nährstoffe zurück, die er zu wachsen aussreicht... Meine Deutung des gesamten Vorgangs ist, dass wenn man ein Großes stück Material einsetzt, das auswachsende mycel nicht genug Nährstoffe Anliefern kann, wie es bei normalerweise bei einem intakten Pilz mit seinem großen Mycel der Fall wäre. Diese Nährstoffarmut kompensiert der Pilz dadurch, dass er sich selbst zersetzt und dadurch die Nährstoffe freigesetzt werden. Allerdings geschieht diese Zersetzung derart schnell, als dass das Mycel was davon hätte. Das Mycel kann a) von der höhen Nährsoffkonzentration geschädigt werden und b) es kann nicht schnell genug wachsen, um die Nährstoffe aufzunehmen. Ausserdem werden bei der Autoproteolyse auch Gifte frei, die weiteres mycel wachstum verhindern....... Und schwupps ist der Pilz hinüber.

Bislang sah es für mich so aus das je kleiner das stück pilz ist desto besser ist das Anwachsen (nur bei Agarplatten). Pfifferlinge konnte ich nur klonen als ich winzigste stückchen benutzt habe (2mmx2mmx6mm)... ist aber später trotzdem hops gegangen ich denke ich muss die antibiotika niedriger konzentrieren ....
Kräuterseitling und Limonenseitling ähnlich ... da gings jedoch schon mit größeren stücken (5mm x 5mm x 10mm) und auch bei anderen Pilzen.
Beim champis-klonen kommt es bei mir nur kurz zum wachstum des mycels...

Viele Grüße

Max
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Re: Fruchtkörperzersetzung oder -abbau bei Wellpappenklonen

Beitrag von Mycelio » Sonntag, 28. August 2011 23:35

Hallo zusammen,

bei frischen, gut gelagerten Pilzen und nicht zu hoher Feuchtigkeit bleibt das Klongewebe meist komplett am Leben und ist dann einfach ein Teil des neuen Mycels, während älteres, schwächeres Material schon dabei sein kann, abzusterben und in Zersetzung überzugehen. Da dauert es dann auch länger, bis es vom Fruchtungsmodus wieder auf vegetatives Wachstum umschaltet. Neben der erwähnten Selbstzersetzung spielen Schimmel, Hefen und Bakterien eine Rolle. Gerade die letzten beiden fühlen sich sehr wohl wenn es zu naß ist. Es kann sein, daß es ihnen bei großen Gewebestücken leichter fällt, das Pilzmycel zu überwältigen, indem sie im Inneren allen verfügbaren Sauerstoff verbrauchen.

Grüße, Carsten
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Re: Fruchtkörperzersetzung oder -abbau bei Wellpappenklonen

Beitrag von kib » Mittwoch, 31. August 2011 10:58

Hallo,

Danke Max und Carsten für Eure hilfreichen Antworten.

Die "Autoproteolyse" habe ich gleich mal unter Wikipedia nachgeschlagen , auch wenn ich das meiste davon nicht richtig verstehe, gibt es mir doch eine Idee von den Prozessen, die da ablaufen.
Mycelio hat geschrieben: bleibt das Klongewebe meist komplett am Leben und ist dann einfach ein Teil des neuen Mycels,
aber sicherlich in umgewandelter form, oder nicht? Ich dachte fruchtkörper sind eine Art Verdickung der Myzel-hyphen? um als Myzel weiterzubestehen, müßten sich diese Zellen also anders anordnen?

Zuerst dachte ich , dass je größer das Fruchtkörperstück, desto schwieriger wird es nach kurzer Zeit für das Wachstum. Da die großen Stücke mittlerweile alle weiterwachsen, bin ich davon wieder abgekommen. Die Klone, die ich nicht gleich aus Versehen ertränkt hatte, meine ich...
Inzwischen bin ich mehr am vergleichen der nötigen/hinderlichen Feuchtigkeit. zu trocken ist offensichtlich auch nicht gut.
Um da wirkliche Vergleche anstellen zu können ,müßte ich aber eine ganz andre Art von Versuchsreihe ansetzen und derzeit würde ich doch gerne ersteinmal meine Klone durchbringen, und die Beobachtungen sind nur eine Nebenwirkung.

Gruß
Kirsten
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Re: Fruchtkörperzersetzung oder -abbau bei Wellpappenklonen

Beitrag von Mycelio » Mittwoch, 31. August 2011 12:33

Hallo Kirsten,

Mycel bleibt Mycel, auch wenn die Hyphen in Primordien und Fruchtkörpern anders geformt sind. Der wesentliche Unterschied besteht in einer Umschaltung des Stoffwechsels und des Wachstums. Um von der vegetativen Substratbesiedelung auf generative Fruchtung umzuschalten, werden in den Zellkernen bloß andere Gene aktiviert. Die eigentlichen Pilze sind keine speziellen Organe, auch wenn das so aussieht. Unter günstigen Bedingungen (passende Feuchtigkeit und Temperatur, weniger Licht und Frischluft) kann das Mycel zurückschalten und einfach wieder weiterwachsen. Das eigentliche Klonstück dient am Anfang aber auch als Nährstoffreserve, solange bis neues Substrat verdaut wird. Daher darf es bei der unsterilen Klonung ruhig etwas größer sein als wenn man mit sterilen Agarplatten arbeitet.

Gruß, Carsten
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Re: Fruchtkörperzersetzung oder -abbau bei Wellpappenklonen

Beitrag von kib » Donnerstag, 01. September 2011 22:33

Hi Carsten,
Mycelio hat geschrieben:Der wesentliche Unterschied besteht in einer Umschaltung des Stoffwechsels und des Wachstums.
Das würde vielleicht erklären, warum die Kräuterseitlingsklone zwar schnell "Flaum" gebildet haben, aber dann ewig nicht das Stroh bewachsen. Sie hatten noch nicht vom "Zersetzen des Fruchtkörpers" auf "Weiterwachsen durch Fremdversorgung" umgeschaltet. Als sie erstmal die paar Krümel Stroh überwachsen hatten, haben sie deutlich flotter (zumindest um Vergleich zu vorher) auch die nächsten Strohkrümmel angenommen.

Gruß
Kirsten
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Re: Fruchtkörperzersetzung oder -abbau bei Wellpappenklonen

Beitrag von Mycelio » Donnerstag, 01. September 2011 23:33

Hm, nicht ganz... dieses Umschalten von Fruchtung auf Wachstum hat eigentlich schon stattgefunden, wenn der erste Flaum sprießt. Danach kämpft das Mycel meist noch gegen die Folgen der vorherigen Lagerung bzw. Zersetzung. Oft muß es sich aber auch erstmal auf das angebotene Futter einstellen und weitere Gene an- und abschalten, um die nötigen Verdauungsenzyme zu produzieren. Ich denke dadurch wird die zweite Fütterung dann schneller besiedelt. Wenn zwischendurch das feuchte Stroh aber zu gären beginnt, kann es zu einer zusätzlichen Pause kommen.

Gruß, Carsten
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