Brut auf Holzkohle mit Sterilfilter - ohne Impfbox

Material, Herstellung, Beimpfen, Besiedelung

Moderatoren: Mycelio, leuchtpilz, davidson30

Antworten
Christoph1988
Foren - Mitglied
Beiträge: 52
Registriert: Sonntag, 29. September 2013 18:19

Brut auf Holzkohle mit Sterilfilter - ohne Impfbox

Beitrag von Christoph1988 » Donnerstag, 31. Oktober 2013 11:50

Hallo Zusammen,
ich bin Christoph und neu im Forum. In den letzten Tagen habe ich sehr interessiert in eurem Forum gelesen, ein wenig rumprobiert und möchte euch nun mal meine Bastelei vorstellen.

Die Idee ist nicht ganz neu. Man nehme eine anorganische Matrix (in diesem Fall Holzkohle) tränke sie in Nährlösung und lasse das Ganze bewachsen. Ich habe dafür ein Einweckglas (~500ml) genommen und habe es mit zwei Luer-Lockanschlüssen ausgestattet (das in der Mitte des Glases hat ein Trinkröhrchen als Steigrohr). Dann habe ich es locker mit Holzkohle gefüllt (nächstes Mal nehme ich kleinere Stücke), etwa 100ml Nährlösung (30g/l Malz) dazugegeben und das im Dampfkochtopf sterilisiert (mit Alufolie abgedeckt und im kalten Zustand mit Luer-Lock-Stopfen verschlossen).
Einweckglas mit Holzkohle und Nährlösung. Luer-Lock-Anschlüsse am Deckel mit Steigrohr (links) und Sterilfilter (rechts).
Einweckglas mit Holzkohle und Nährlösung. Luer-Lock-Anschlüsse am Deckel mit Steigrohr (links) und Sterilfilter (rechts).
Das Ganze wäre jetzt nahezu unbegrenzt lagerbar und kann über die Luer-Lock-Anschlüsse einfach mit einer Mycelspritze beimpft werden (ich habe erstmal shiitake versucht).
Zur Belüftung habe ich dann einen Spritzenfilter auf den Luer-Lock-Anschluss ohne Steigrohr gesetzt und da eine Heidelberger Verlängerung und einen Drei-Wege-Hahn drangebastelt. Mit einer Perfusorspritze (50ml) kann man dann Luft reindrücken und alte Luft raussaugen. Geplant war es mit zwei Filtern, dass man über einen Anschluss belüftet und die alte Luft über den anderen herausgedrückt wird (allerdings habe ich momentan nur einen Filter).

Das Ganze steht jetzt 3 Tage und man erkennt, dass bereits ein Stückchen vom Mycel beachsen ist.
31102013053.jpg

Ich hoffe, dass das so weiter geht und bin auf eure Meinung gespannt.


edit: meine Hoffnung ist, dass das Mycel auch in die Nährlösung reinwächst. Dann könnte man die Kohle beim Nächsten Mal auf ein Gitter legen, das etwa 1-2cm über dem Boden befestigt ist und in die Lösung unter dem Gitter ein paar Glasscherben geben. Kurz vor dem Entnehmen der Brut hätte man durch Schütteln und Zerkleinern des Mycels durch die Scherben wieder Flüssigmycel, welches man übers Steigrohr steril entnehmen kann.
Benutzeravatar
Mycomane
Ehren - Member
Beiträge: 665
Registriert: Montag, 23. August 2010 17:52
Wohnort: Schlumpfhausen

Re: Brut auf Holzkohle mit Sterilfilter - ohne Impfbox

Beitrag von Mycomane » Samstag, 02. November 2013 19:54

Hallo Christoph,

erstmal herzlich Willkommen im Forum.
Zuerst möchte ich dir mal zu deiner "Bastelei" gratulieren.
Sieht sehr gut und professionell aus.

Hast du schon viel Erfahrung mit der Pilzzucht, oder hast du dir gleich zu Anfang so eine komplizierte Methode ausgedacht?

Woher hast du denn diese Luer-Lock Metall Verschraubungen?
Sind die nicht unheimlich teuer?

Wofür möchtest du diesen mini Bioreaktor denn hauptsächlich benutzen?

Ich habe mich schon recht intensiv mit der Kultivierung auf flüssigen Medien beschäftigt.
Sei es mit oder ohne anorganische Matrix.
Möchte auf keinen Fall das was du da gebaut hast schlecht machen, hätte aber eventuell noch ein paar Verbesserungsvorschläge.

Was möchtest du denn mit deiner Anlage hauptsächlich erreichen?
Brut herstellen, wenn ich das richtig verstanden habe?
Eine Kultur möglichst lange frisch halten?
Möglichst effektiv Flüssigmycel herstellen?

Also in das Nährmedium einwachsen wird das Mycel auf jeden Fall.

Auf jeden Fall ein sehr schöner Aufbau, in dem sicherlich eine Ganze Menge Kreativität und recherche steckt.
Oder hast du zufällig Bioingenieurwesen oder ähnliches studiert?

Freue mich auf weitere Berichte von dir und würde dir bei Interesse gerne noch mit ein paar Tipps weiter helfen.
Sehr schön ist vor allem, dass du deinen ersten Beitrag direkt so schön mit Bildern veranschaulichst!

schöne Grüße
Fabian
Fruchtbar ist die Hyphe noch ... aus der da einst die Spore kroch ...
Christoph1988
Foren - Mitglied
Beiträge: 52
Registriert: Sonntag, 29. September 2013 18:19

Re: Brut auf Holzkohle mit Sterilfilter - ohne Impfbox

Beitrag von Christoph1988 » Sonntag, 03. November 2013 08:58

Hallo Fabian,
vielen Dank für die herzliche Begrüßung und das Lob.

Meine Erfahrungen in Sachen Pilzzucht sind eher bescheiden (habe vor Jahren mal ein paar Impfdübel (shiitake) in einen Buchenstamm gesteckt. Daher bin ich für jeden Verbesserungsvorschlag dankbar.

Die Grundidee des Ganzen war es zunächst mal mit moderatem Aufwand (ohne Impfbox etc.) Brut herzustellen und idealerweise vor der "Ernte" noch 1-2 Spritzen Flüssigmycel für die "nächste Runde" abziehen zu können.

Die Luer-Lock-Adapter hatte ich noch von meiner Bachelorarbeit übrig (http://www.droh.de/artikel/vbm-chllf05- ... 5-gewinde/), man kann aber auch welche aus Kunststoff kaufen oder einfach zwei der roten Blindstopfen zusammendrehen und einen Klecks hitzefestes Silikon dazwischen geben.
Ich habe zwar Biosystemtechnik studiert, wo es auch Fächer wie Bioreaktionstechnik oder Bioprozesstechnik gab, aber da lag der Fokus eher auf der Reaktionskinetik als auf der Hardwareseite.


Weiterhin habe ich etwas an der Belüftung gebastelt und versucht Luft durch ein Spritzenfilter durch das Steigrohr zu drücken und über einen zweiten Filter herauszulassen. Das hat eigentlich auch recht gut geklappt. Allerdings war noch ein geringer Überdruck im Glas, der mit beim Öffnen der Verbindung von Filter und Luftzufuhr Medium übers Steigrohr vor den Filter gedrückt hat. Interessanterweise sind die Filter völlig luftundurchlässig, wenn sie einmal nass geworden sind. Wasser lässt sich jedoch weiterhin leicht durchdrücken. Liegt warscheinlich an den Kapillareffekten in den Filterporen.
Mein neuer Ansatz ist jetzt Unterdruck auf der anderen Seite anzulegen und die Luft durchs System zu saugen statt zu drücken. Dafür habe ich zwar schon die passende Vakuumpumpe aus der Zentralverriegelung eines alten Audi A4 rumzuliegen. Allerdings werde ich warscheinlich erst nächstes Wochenende zum Testen kommen (gibt dann auch Bilder).

P.S. bisher habe ich das Beimpfen recht unsteril durch Überimpfen von Impfdübeln gemacht. Könnt ihr mir Bezugsquellen für günstiges Flüssigmycel nennen. Bzw. welche Pilzarten sind überhaupt für einen Anfänger zu empfehlen?
Benutzeravatar
Mycomane
Ehren - Member
Beiträge: 665
Registriert: Montag, 23. August 2010 17:52
Wohnort: Schlumpfhausen

Re: Brut auf Holzkohle mit Sterilfilter - ohne Impfbox

Beitrag von Mycomane » Sonntag, 03. November 2013 12:28

Hallo Christoph,

mit dem "moderaten Aufwand", den du da betrieben hast hättest du dir aber auch schon eine Impfbox bauen können ;-)
Aber ich sehe schon ... , du scheinst mir ein Perfektionist zu sein.
Ich mag Impfboxen nicht so gerne.
Wenn du am Thema Pilzzucht längerfristig Interesse hast, dann bau dir lieber später einen HEPA Filter, wenn du mal etwas Geld übrig hast.
Damit wirst du garantiert viel Freude haben.

Aber auch mit HEPA Filter hat Flüssigmycel schon Vorteile.

Das Problem, was ich bei deiner Idee sehe ist, dass die Brut auf anorganischer Matrix nicht so gut geeignet ist, um damit später Substrate zu beimpfen.
Ich wollte das auch mal ausprobieren, weil ich mir gedacht habe, dass diese Brut, wenn sie mit Substrat vermischt ist, nicht so leicht, oder eigentlich gar nicht schimmeln sollte, weil dort keine unverbrauchten Nährstoffe drin sind.
Dieser Vorteil ist aber auch gleichzeitig ein Nachteil, weil der Pilz eben auch keine Reserven hat und dadurch nur sehr langsam in das Substrat einwachsen kann. Zusätzlich muss der Pilz sich erst wieder an das neue Nahrungsangebot anpassen, von intravenöser vorverdauter Flüssignahrung auf harte weniger nahrhafte Holz- oder Strohkost.
Ich habe schon ein paar mal mit Flüssigmedium auf einer anorg. Matrix herumexperimentiert, aber bisher noch nicht als Brut eingesetzt. Habe dazu Perlite verwendet. Das bekommst du in jedem Baumarkt als Isoliermaterial. Das ist zwar weiß, so dass man das Mycel nicht so schön sieht wie auf deiner Holzkohle, aber es lässt sich ganz gut befeuchten und leitet vermutlich die Nährlösung besser weiter. Auch die Körnung ist besser als bei diesen großen Kohlestücken.
Ein Problem wenn man das Perlite verwendet dürfte aber sein, dass du es hinterher durch Schütteln im Glas nicht zerkleinern kannst, sondern dazu einen Löffel etc. nehmen musst. Das ist natürlich auch ein riesiger Nachteil gegenüber Körnerbrut.

Also ich würde dir empfehlen doch lieber Korner als Brutunterlage zu benutzen.
Das heißt natürlich nicht, dass du die Sache mit dem Flüssigmycel vergessen solltest, aber ich würde diese Kombination mit Brut und Flüssigmycel in einem Glas nicht machen.
Du kannst ja einfach sollche Gläser mit Luer-Lock versehen und darin die Körnerbrut ansetzen. Als Belüftung würde ich in diesem Fall Tyvek nehmen. Das sollte preiswerter sein als die Spritzenfilter. Das Tyvek hat zwar wesentlich größere Poren, sollte aber ausreichen. Habe dieses Material zwar bisher noch nicht im Einsatz, aber habe mir Gestern eine Menge Gläser gebaut, die so einen Filter haben. Bis jetzt habe ich die alten Filter von Unicorn Beuteln benutzt. Der Vorteil gegenüber Spritzenfiltern ist, dass die sich selbst belüften und du nicht mit der Spritze Luft durch pumpen musst.

Das Problem bei deinen Spritzenfiltern dürfte das Material der Membran sein. Das ist hydrophil, und wenn es einmal nass ist geht da natürlich keine Luft mehr durch. Du bräuchtest hydrophobe Membranen z.B. aus PTFE. Die gibt es leider in der Regel nicht bei diesen Medizinshops. Und leider muss man Sie in der Regel im 100er Pack kaufen.
Ich habe davon einige Zuhause, könnte dir eventuell ein oder zwei abgeben.
Um deinen Filter wieder brauchbar zu machen, würde ich diesen Versuch abbrechen und den Filter mit Wasser und dann mit Isopropanol grundlich durchspülen um wirklich jeden Rest von Nährlösung zu entfernen. Sonst wird dir von Außen der Schimmel durch den Filter wachsen, trotz der geringen Porengröße. Vor allem ist es wichtig den Filter gut durch zu spülen bevor du ihn erneut autoklavierst, sonst setzen sich die Reste der Nährlösung endgültig im Filter fest.

Um möglichst einfach Flüssigmycel herzustellen empfehle ich dir einfach Spritze zu nehmen, ein Stück einer Rasierklinge hinein zu tun um das Mycel später schön zerheckseln zu können und das Ganze dann zu sterilisieren. Der Spritzenkörper und der Kolben sollte beim Sterilisieren nicht zusammengesteckt sein. Nach dem Sterilisieren steckst du die beiden wieder zusammen, ziehst Sie bis zurt Hälfte mit Nährlösung und Mycel auf und lässt die so durchwachsen. Wenn alles schön durchwachsen ist, dann schüttelst du das Ganze schön durch und spritzt das Flüssigmycel irgendwo hinein von wo du es auf weitere Spritzen aufteilen kannst.



Soviel erstmal von mir...

Hoffe dich etwas inspiriert zu haben.

Bis bald

schöne Grüße Fabian
Zuletzt geändert von Mycomane am Mittwoch, 13. November 2013 11:10, insgesamt 1-mal geändert.
Fruchtbar ist die Hyphe noch ... aus der da einst die Spore kroch ...
Christoph1988
Foren - Mitglied
Beiträge: 52
Registriert: Sonntag, 29. September 2013 18:19

Re: Brut auf Holzkohle mit Sterilfilter - ohne Impfbox

Beitrag von Christoph1988 » Sonntag, 03. November 2013 15:39

Danke für die zahlreichen Tipps, ich werde mal versuchen, was ich davon umsetzen kann.

Die Grundidee bei dem Glas war es alles unsteril zusammen zu bauen und dann komplett zu sterlisieren. Dieser Grundgedanke sollte das Konterminationsrisiko trotz unsteriler Arbeitsumgebung auf nahezu Null reduzieren. Mit Impfbox meinte ich auch eine Box mit HEPA-Filter, alles andere ist meiner Ansicht nach den guten alten Bunsenbrenner unterlegen.
Kleine Sachen kann ich in der Uni unter der Cleanbench machen, aber ich wollte da nicht 2 Mal pro Woche mit kistenweise Material auftauchen.

Den Filter habe ich erstmal gegen einen Blindstopfen ersetzt bis ich einen neuen habe. Weiterhin habe ich noch einen zweiten Ansatz mit Austernseitling gemacht (mal sehen, ob die Impfkultur steril war), wo ich die Holzkohle vorher in einer Tüte mit einem Hammer auf 2-15mm große Stücke zerkleinert habe. Das sollte sich zumindest von der "Korngröße" her besser zum Animpfen des Substrats geeignet sein. Es lässt sich zumindest im unbewachsenen Zustand auch durch Schütteln durchmischen.

Ich werde erstmal die beiden Gläser anwachsen lassen und mich dann mal an Körnern probieren.
Christoph1988
Foren - Mitglied
Beiträge: 52
Registriert: Sonntag, 29. September 2013 18:19

Re: Brut auf Holzkohle mit Sterilfilter - ohne Impfbox

Beitrag von Christoph1988 » Samstag, 14. Dezember 2013 17:05

Beim Versuch mit dem anorganischen Substrat, war das Mycelwachstum recht langsam, weshalb ich den Versuch erstmal abgebrochen habe. Die beiden neuen Ansätze habe ich dann auf einer Substratmischung aus Gerstenmalz, Kaffeesatz und etwas zerkleinerter Holzkohle in besagten Einweckgläsern gestartet mit frischen Flüssigkulturen von Mycomane (danke dafür nochmal) gestartet.

Das erste Glas habe ich mit Kräuterseitling ansetzt, der auch ein recht flottes Wachstum an den Tag legt. Nach 2 Wochen war das Glas zu 3/4 nach 3 Wochen dann komplett durchwasen. Leider klappte es nicht vor dem Überimpfen durchwachsenen Kaffee durch eine Spritze zu aspirieren, da das Mycel einen kompakten Block formt, den man vorher auflockern müsste.
14122013088.jpg
14122013089.jpg
Im zweiten Glas habe ich einen Shii-take angeimpft, der jedoch um einiges träger ist als der Kräuterseitling.
14122013091.jpg
P.S. das Wasser auf den ersten beiden Bildern zwischen Glaswand und Mycel ist das, was ich zum aspirieren des Kaffeesatzes eingespritzt hatte. Das wäre fürs Wachstum natürlich viel zu feucht.
Antworten

Zurück zu „Brut“