Gluckenexperimente

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Re: Gluckenexperimente

Beitrag von Mycelio » Donnerstag, 15. April 2021 16:00

malda hat geschrieben: Donnerstag, 15. April 2021 05:52
Mycelio hat geschrieben: Mittwoch, 14. April 2021 21:01 Mikroben und organische Reste kämen allerdings auch in Frage.
Lässt sich die Erde vielleicht genauer beschreiben?
Und das Mehl ist wahrscheinlich normales weißes, Typ 405, korrekt?
Mikroben schließe ich mal aus, da das ja mit autoklaviert wurde. Anderes organisches Material? Hmm. Kann ich mir irgendwie schwer vorstellen. Wenngleich ich mich mit Böden absolut nicht auskenne scheint mir der verwendete eher arm an Organischem zu sein - es ist vielmehr ein sehr sandiger Boden...
Ja, Typ 405.
Dann sind also in deinem Mehl neben der Stärke kaum andere Nährstoffe. Im Holz sehe ich für das Gluckenmyzel bloß die Zellulose und Hemizellulose, Protein ist Mangelware und an die wenigen Mineralien muss es erst einmal rankommen. D.h. dein Grundsubstrat liefert fast nur Kohlenhydrate, während Proteine, bzw. Aminosäuren, Vitamine und Mineralien knapp sind.
Nun zur Erde:
Den Sand können wir wohl als Faktor ausschließen. Mineralien können nicht allein vorhanden sein, denn in reinem Sand wären sie längst vom Regen in die Tiefe gespült worden. Deswegen würde ich auf jeden Fall mit organischen Resten (von Pflanzen, Mikroben, Pilzen und Kleintieren) rechnen. Die Erde wird ja sicher dunkel gewesen sein, oder?

malda hat geschrieben: Donnerstag, 15. April 2021 05:52
Mycelio hat geschrieben: Mittwoch, 14. April 2021 21:01 Nun ein kleines Update zu meinen Agar-Experimenten:
In den Petrischalen mit dem mageren Haferflocken-Hefeextrakt-Agar sind die Nährböden komplett besiedelt und das anfangs fast unsichtbare Myzel verdichtet sich langsam, aber ganz ohne Wucherungen an den Impfstücken.
Ob ein "Mehl Agar" ähnlich aussehen würde, also ganz ohne Wucherungen?
Ich vermute es.

malda hat geschrieben: Donnerstag, 15. April 2021 05:52
Mycelio hat geschrieben: Mittwoch, 14. April 2021 21:01 Zuletzt hatte ich noch eine andere Nährstoffmischung getestet, bei der der Kaffeeanteil erhöht und der Malzextrakt durch Ahornsirup ersetzt wurde, um zu schauen, ob mehr Mineralien vielleicht schnelleres Wachstum erzeugen.
Das mit dem Kaffee ist interessant. Mit dem Ahorn Sirup hast du vermutlich weiterhin viel Einfachzucker mit drin. Ich habe auch einen Ansatz mit Kaffee, der ganz nett aussieht - mehr kann man leider noch nicht sagen.
VG Dietmar
1% Zucker wollte ich beibehalten, um halbwegs vergleichen zu können. Solange ich aber nicht genau weiß, worauf es ankommt, möchte ich Kohlenstoffquellen verwenden, die Mineralien und weitere Nährstoffe enthalten. Zuerst dachte ich über Zuckerrübenmolasse nach, bis mir auffiel, dass ich eingedickten Baumsaft in der Küche stehen habe. Soweit ich mich erinnere, enthält der Ahornsirup hauptsächlich Saccharose.
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Re: Gluckenexperimente

Beitrag von malda » Donnerstag, 15. April 2021 18:50

Mycelio hat geschrieben: Donnerstag, 15. April 2021 16:00 Dann sind also in deinem Mehl neben der Stärke kaum andere Nährstoffe. Im Holz sehe ich für das Gluckenmyzel bloß die Zellulose und Hemizellulose, Protein ist Mangelware und an die wenigen Mineralien muss es erst einmal rankommen. D.h. dein Grundsubstrat liefert fast nur Kohlenhydrate, während Proteine, bzw. Aminosäuren, Vitamine und Mineralien knapp sind.
Ja, ist nicht viel drin - aber scheinbar ist die Glucke auch recht genügsam. Allem Anschein nach beschleunigt eine zusätzliche Stickstoffquelle das Wachstum nicht wirklich - zumindest deutet sich das in meinen Gläschen an (Hefeflocken bzw. Glutamat). Da muss man natürlich vorsichtig sein, da können sich natürlich auch Effekte überlagern, aber ich habe das Gefühl, dass die Zugabe von Mineralien/Salze und ggf Vitamine vielleicht vielversprechender ist, um das Wachstum noch etwas zu beschleunigen.
Mycelio hat geschrieben: Donnerstag, 15. April 2021 16:00 Die Erde wird ja sicher dunkel gewesen sein, oder?
Ja, sie ist schon irgendwie braun...
Mycelio hat geschrieben: Donnerstag, 15. April 2021 16:00 Soweit ich mich erinnere, enthält der Ahornsirup hauptsächlich Saccharose.
Saccharose mag die Glucke bestimmt... das müsste sie ja vermutlich aus ihrer parasitischen Lebensphase kennen.

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Re: Gluckenexperimente

Beitrag von Mycelio » Donnerstag, 15. April 2021 21:10

Ja, wobei im Kiefernsaft Fructose am meisten vorkommt, dann Glucose und wenig Saccharose. Aber es wird schon passen.
Bzgl. genügsam bin ich mir ebenfalls noch nicht ganz sicher. Der Nährstoff, von dem am wenigsten da ist, wird ja das Wachstum begrenzen, egal wieviel man von den anderen zugibt.
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Re: Gluckenexperimente

Beitrag von Mycelio » Freitag, 23. April 2021 17:47

Auf dem Agar mit Ahornsirup sieht es inzwischen so aus:
IMG_20210423_170622.jpg
Kräftigeres Myzelwachstum auf dem Agar, welches früher wuschelig wird, leichte Wucherungen am Impfstück, die aber scheinbar nicht auf Kosten des restlichen Myzels wachsen. Da der Zuckergehalt insgesamt bloß 1% beträgt, könnte das kräftigere Wachstum auf dem Agar durchaus an dem größeren Angebot an Mineralien liegen.
Die Wachstumsgeschwindigkeit beträgt weiterhin zwischen 1 und 1,5mm/d.

Der Vollständigkeit halber habe ich vor ein paar Tagen folgende Agarmischung beimpft:
1000ml H2O (davon ca. die Hälfte Espresso)
20g Agar-Agar
20g Haferflocken
20g Fructose
20g Glucose
15ml Ahornsirup (10g Zucker)
5g Hefeextrakt
5g Sojamehl
4g CaSO4
1g NaCl
2g Aktivkohlepulver
Also die volle Ladung Zucker, etwas Stärke, genügend organische Stickstoffverbindungen und ordentlich Mineralien. Mit dem Kaffee habe ich es wahrscheinlich übertrieben, denn da könnte das viele Koffein bremsend wirken. Löslicher, koffeinfreier Kaffee wäre sicher besser gewesen. Den könnte man auch abwiegen und die Menge an Mineralien abschätzen.
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Re: Gluckenexperimente

Beitrag von malda » Samstag, 24. April 2021 08:41

Mycelio hat geschrieben: Freitag, 23. April 2021 17:47 Kräftigeres Myzelwachstum auf dem Agar, welches früher wuschelig wird, leichte Wucherungen am Impfstück, die aber scheinbar nicht auf Kosten des restlichen Myzels wachsen. Da der Zuckergehalt insgesamt bloß 1% beträgt, könnte das kräftigere Wachstum auf dem Agar durchaus an dem größeren Angebot an Mineralien liegen.
Die Wachstumsgeschwindigkeit beträgt weiterhin zwischen 1 und 1,5mm/d.
Ich finde es deutet sich an, dass das Wachstum der Glucke (hinsichtlich der Ausbreitung) wenig beschleunigt werden kann, wohl aber die Dichte des Mycel in diesem Verbreitungsgebiet, was sicher auch wichtig ist.
Mycelio hat geschrieben: Freitag, 23. April 2021 17:47
1000ml H2O (davon ca. die Hälfte Espresso)
20g Agar-Agar
20g Haferflocken
20g Fructose
20g Glucose
15ml Ahornsirup (10g Zucker)
5g Hefeextrakt
5g Sojamehl
4g CaSO4
1g NaCl
2g Aktivkohlepulver
Also die volle Ladung Zucker, etwas Stärke, genügend organische Stickstoffverbindungen und ordentlich Mineralien.
Ganz schön viel Zeug und ziemlich zuckrig- süß! Bin mal gespannt wie die Glucke sich bei viel Zucker und viel Mineralien verhält. Vielleicht probier ich das auch mal aus, aber mit etwas weniger "Zutaten".
Mycelio hat geschrieben: Freitag, 23. April 2021 17:47 Löslicher, koffeinfreier Kaffee wäre sicher besser gewesen.
Boah - das klingt ziemlich eklig für einen passionierten Kaffee Genießer
VG Dietmar
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Re: Gluckenexperimente

Beitrag von Mycelio » Sonntag, 25. April 2021 21:27

malda hat geschrieben: Samstag, 24. April 2021 08:41
Mycelio hat geschrieben: Freitag, 23. April 2021 17:47 Löslicher, koffeinfreier Kaffee wäre sicher besser gewesen.
Boah - das klingt ziemlich eklig für einen passionierten Kaffee Genießer
VG Dietmar
Stimmt, aber wahrscheinlich sieht man uns bald mit Hut und Sonnenbrille getarnt im Supermarkt vor dem betreffenden Regal stehen.

malda hat geschrieben: Samstag, 24. April 2021 08:41 Ich finde es deutet sich an, dass das Wachstum der Glucke (hinsichtlich der Ausbreitung) wenig beschleunigt werden kann, wohl aber die Dichte des Mycel in diesem Verbreitungsgebiet, was sicher auch wichtig ist.
Sehe ich auch so, sofern bei dem neuen Versuch nichts grundlegend anderes passiert.

malda hat geschrieben: Samstag, 24. April 2021 08:41 Ganz schön viel Zeug und ziemlich zuckrig- süß! Bin mal gespannt wie die Glucke sich bei viel Zucker und viel Mineralien verhält. Vielleicht probier ich das auch mal aus, aber mit etwas weniger "Zutaten".
Ich bin da auch gespannt. Theoretisch müsste das Myzel dicht über die Agarfläche wachsen und gleichzeitig von den Impfstücken ausgehend intensiv vor sich hin knubbeln.
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Re: Gluckenexperimente

Beitrag von malda » Donnerstag, 06. Mai 2021 16:30

Stärke Agarplatten wollte ich dann doch einfach mal ausprobieren und wenn ich schon dabei war hab ich auch gleich einen Agar mit Zellulose-Mehl gebastelt. Beimpft am 18.04. mit Gluckenmaterial, das von einer sehr Nährstoff-armen Agarplatte stammt ("Weizeneinweichwasser-Agar").

Die Platten unten enthalten lediglich Hefe, Agar und die entsprechende Kohlenstoffquelle:
obere Reihe => links: 2% Stärke, mitte: 2% Zellulosemehl + 0,5% Stärke; rechts: 2% Zellulosemehl
untere Reihe => links: 2% Zellulosemehl + 0,5% Glucose, mitte: 2% Glucose; rechts: Kontrolle ohne Kohlenstoffquelle
Also Stärke-Agarplatten funktionieren. Ob da noch die typischen Zucker-Knubbel kommen wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Generell wächst die Glucke etwas langsamer auf Stärke im Vergleich zur Glucose.
Zellulose Platten funktionieren nicht - warum auch immer, ich kann's mir gerade noch nicht erklären. Entweder das Material funktioniert in Agarplatten einfach nicht oder alternativ die Glucke kann das Zellulose nicht so einfach wie gedacht verwerten, was auch seltsam wäre ... :?:
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Re: Gluckenexperimente

Beitrag von Mycomane » Freitag, 07. Mai 2021 18:06

Hallo Malda,

ich finde es interessant, was du da austestest. 8)
Hatte schon lange vor, so etwas ähnliches zu machen, aber nicht unbedingt/nur mir der Glucke.
Besonders interessiert mich die Sache mit der Zellulose.
Klar wächst Mycel auf einem Zucker, wie Glucose, Fruktose, oder Saccharose schneller, als mit langkettigen Kohlenhydraten wie Stärke in Mehl, oder Zellulose.
Zum Einen werden für größerere Kohlenhydrate die geeigneten Enzyme benötigt, um sie abzubauen.
Was aber vielleicht noch wichtiger ist wäre folgendes:
Stärke, Zellulose etc. können nicht so einfach durch den Agar diffundieren, wie es ein Zucker vielleicht kann.
Daher müssen erst die Enzyme zum Kohlenhydrat kommen und dann die Zucker Moleküle zurück zum Mycel.
Direkt auf der Oberfläche der Agars kann das noch funktionieren.
Aber, je tiefer es nach unten geht, umso schlechter wächst das Mycel und umso schwieriger wird die Diffusions-Geschichte nach oben.

LG, Fabian
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Re: Gluckenexperimente

Beitrag von Mycelio » Samstag, 08. Mai 2021 00:39

Hallo zusammen,

ich finde Dietmars Experiment auch spannend und habe ein paar Ideen, warum es mit der Zellulose nicht klappt. Wie immer muss ich aber erstmal Detailfragen stellen.

Welche Stärke kam zum Einsatz?

Wieviel Hefe ist im Agar, bzw. kann ich von Bierhefe in einer üblichen Dosis zwischen 0,5 und 1% ausgehen?

In den rechten Petris kann ich keinerlei Hyphen erkennen.
War der vorherige Agar so schwach besiedelt oder liegt das Myzel unten?

Es war auf jeden Fall eine gute Idee, das Myzel vorher auf einem nährstoffarmen Agar auszuhungern und dann beim Überimpfen kaum Nährstoffe zu übertragen, die das Ergebnis verfälscht hätten. Für meine nächsten Tests hatte ich mir auch schon vorgenommen, nur noch mit winzigen Agarstücken zu impfen.

LG, Carsten
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Re: Gluckenexperimente

Beitrag von malda » Samstag, 08. Mai 2021 07:42

Guten Morgen zusammen,
die Glucke ist echt eine harte Nuss und vielleicht an der ein oder anderen Stelle noch unverstanden... aber das ist gerade der Reiz an ihr :)
Mycomane hat geschrieben: Freitag, 07. Mai 2021 18:06 Stärke, Zellulose etc. können nicht so einfach durch den Agar diffundieren, wie es ein Zucker vielleicht kann.
Daher müssen erst die Enzyme zum Kohlenhydrat kommen und dann die Zucker Moleküle zurück zum Mycel.
Direkt auf der Oberfläche der Agars kann das noch funktionieren.
Aber, je tiefer es nach unten geht, umso schlechter wächst das Mycel und umso schwieriger wird die Diffusions-Geschichte nach oben.
Ja, gute Erklärung, das könnte natürlich sein, aber....die Zellulose hat natürlich eine Vorgeschichte. Wie Carsten hab ich gerade auch ein paar Gläschen mit den unterschiedlichsten Medien in der Testung. Holz alleine ist für die Glucke da eigentlich fast ausnahmslos ein so armes Medium, dass die Mycel Fäden kaum zu sehen sind - kein Vergleich zu all den Pilzen die Holz wirklich als Nahrungsquelle nutzen. Carsten hat das eigentlich schon vor 10 Jahren schön zusammengefasst.... (Siehe Seite 4) ...OK, schön wenn man das ganze nochmal erkennt, ich muss Dinge manchmal selbst erleiden. :(
Nun dachte ich, beim Holz hat die Glucke vielleicht das Problem, dass sie irgendwie nicht an die Zellulose ran kommt (denn die, so kann man lesen, verwertet sie). Also helf ich ihr und geb zum Holz Ansatz noch Zellulose Mehl mit dazu. Tja, falsch gedacht, das half/ hilft der Glucke so mal rein gar nicht. Auch Ansätze mit Flachs oder Baumwolle (https://www.kulturpilz.de/viewtopic.php ... 0&start=75)
gehen davon aus, dass die Glucke Zellulose mag/kann, aber wirklich erfolgreich waren die bisher nicht...
Btw in den alten Beiträgen les ich gerade von OHKW, dass eine andere Glucke sich anders verhält... wäre echt gut noch eine andere Glucke parallel zu betrachten. Diesen Herbst geht's Attacke auf die Glucke, die will ich auch mal klonen!
D.h. ich kann nicht 100% ausschliessen, dass die Zellulose aufschließenden Enzyme der Glucke ggf nicht durch den Agar diffundieren, aber ich ahne dass die Glucke die relevanten Enzyme zumindest zu diesem Zeitpunkt möglicherweise noch gar nicht hat.
Mycelio hat geschrieben: Samstag, 08. Mai 2021 00:39 Welche Stärke kam zum Einsatz?
Ach Mensch, immer deine Nachfragen :) ... OK Schande über mich - ich hab natürlich nicht Stärke verwendet sondern Weizenmehl 405.... :?
Da war ich wohl zu sehr fixiert auf die Kohlenhydrate, aber beim Mehl ist natürlich noch anderes mit drin.
Mycelio hat geschrieben: Samstag, 08. Mai 2021 00:39 Wieviel Hefe ist im Agar, bzw. kann ich von Bierhefe in einer üblichen Dosis zwischen 0,5 und 1% ausgehen?
Da sind (Bier)Hefe Tabletten mit drinnen - insgesamt 1%.
Mycelio hat geschrieben: Samstag, 08. Mai 2021 00:39 War der vorherige Agar so schwach besiedelt oder liegt das Myzel unten?
Du siehst nichts, weil definitiv nichts da ist - auch mit der Lupe keine Fäden sichtbar. Der vorherige Agar war sehr dünn besiedelt. Mycel sollte oben liegen. Aber auch wenn ich von Glucose Platten komme sehen die beiden rechten Platten genauso aus.

Genug für's erste - jetzt geht's impfen :D
VG Dietmar
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Re: Gluckenexperimente

Beitrag von Mycomane » Samstag, 08. Mai 2021 10:07

Hallo Leute, :)

Wenn man es "richtig" "wissenschaftlich exakt" machen möchte, wird die Sache schnell sehr kompliziert.
Dann spielen, wie Carsten angemerkt hat, auch z.B. die Nährstoffe im Impfstück eine Rolle.
Und klar ist dein Mehl nicht nur Stärke... etc.
Selbst, wenn du "reine" Speisestärke kaufst, sind da noch ein paar Proteine drin.
Dazu kommt z.B. noch, dass Stärke nicht gleich Stärke ist.
Vielleicht spielt das keine so große Rolle, nur so als kleiner Exkurs:
Stärke hat glycosidische 1,4- und 1,6-Verbindungen. In der löslichen Stärke die man z.B. für einige Bio-/Chemischen Versuche nutzt, ist quasi reine Amylose und hat (fast?) ausschließlich 1,4-Verbindungen. Dadurch bildet sich eine Kette/mit Helix Struktur, aber kein Netzwerk, weil die Querverbindungen fehlen. Daher ist reine Amylose nach dem Aufkochen auch einigermaßen wasserlöslich.
Die Quervernetzung durch die 1,6-Verbindungen sorgen dafür, dass die Brühe "andickt" und du je nach Menge eine Sauce, einen Pudding oder eine Nudel etc. erhältst. Diesen Anteil, mit 1,6- Verbindungen nennt man Amylopektin.
Die Speisestärke, die man kauft, ist meist genau zum Andicken gedacht und die Pflanzen, aus denen sie hergestellt wird, sind auch speziell dafür gezüchtet, dass sie viele von den 1,6- Verbindungen enthalten, damit man mit wenig Stärke gut andicken kann (z.B. spezielle Maissorten etc.).
Ich weiß jetzt gerade nicht genau welche Enzyme alles wo und wann am Abbau beteiligt sind und welche die Glucke oder andere Pilze haben.
Es wäre aber durchaus denkbar, dass einige Pilze vielleicht nur mit dem Amylose Anteil klarkommen, oder zumindest mehr Enzyme für das Eine bilden als für das Andere.
Vermutlich ist also schon aus dem Grund Stärke aus Mehl und andere Stärke Sorten nicht komplett vergleichbar, selbst, wenn du die Proteine etc. aus deinem Mehl entfernen würdest.

Aber ... übertreiben kann man immer alles! Versuch macht so oder so kluch! ;-)
Was ich auch nicht genau weiß wäre, ob diese wahrscheinlich "mikrokristalline" Zellulose, die du gekauft hast, nach den vorherigen Verarbeitungsschritten noch so aussieht, wie in einem Blatt oder in Holz.
Von den chemischen Verbindungen her schon, aber die räumliche Ausrichtung Packungsdichte etc., könnte durchaus anders sein.
Ungekochte Stärke ist auch schlechter verdaulich, weil sie sehr komprimiert gepackt ist und die Enzyme kaum Angriffsfläche haben.
Nimm mal saubere, aber ungekochte Stärke, mache sie feucht und vergleiche mit gekochtem "Pudding".
Dann lass beide offenstehen und schau was schneller schimmelt oder nach Bakterien stinkt.
Habe das so noch nicht gemacht, aber vermutlich gammelt der Pudding schneller und intensiver.

Einen Punkt, den du angesprochen hast, finde ich noch sehr wichtig!
Die Frage ist vor allem, welche Enzyme der Pilz jetzt bildet, wenn er gerade auf deiner Schale wächst.
Das kann etwas komplett anderes sein, als das was er alles bilden könnte.
Eine Glucke, die Wochen oder gar Jahre lang nur Zucker bekommen hat, wäre recht doof ständig große Mengen an Stärke abbauenden Enzymen zu bilden. Ebenso können Holzzersetzer, die lange nur auf Zuckernährböden oder Körnern wachsen einige Zeit brauchen, um sich wieder an Holz zu gewöhnen. Das heißt meist nicht, dass der Pilz das nicht mehr kann, aber die notwendigen Gene werden zeitweise abgeschaltet und nicht mehr abgelesen, bis sie wieder gebraucht werden. Wie schnell das wieder Anschalten dann dauert, könnte sich auch von Pilzart zu Pilzart unterscheiden und auch von der Nahrungsquelle abhängen, um die es gerade geht.
Es ist also auch in dem Sinne wichtig was die Glucke denn vorher schon gefressen hat, bevor du sie auf den neuen Agar überträgst.

Viele Pilze können sich auch hervorragend von Fett ernähren. Aber nur, wenn andere leichter verfügbare Kohlenstoffquellen zur Verfügung stehen, um erstmal den Abbau des Fettes richtig ankurbeln zu können.
Auch du kannst dich energetisch gesehen nicht von reinem Fett ernähren, auch wenn da mehr als genug Energie drinsteckt.
Mal abgesehen davon, dass dein Verdauungssystem dir die Öl-Diät übelnehmen würde. :lol:

Nur mal so als Input, auch wenn das scheinbar nicht alles perfekt zum Thema Glucke passt.

LG, Fabian
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Re: Gluckenexperimente

Beitrag von Mycelio » Samstag, 08. Mai 2021 11:54

Hallo.
Danke für die zusätzlichen Infos Dietmar!
Mir ging es darum, einschätzen zu können, wieviel Mineralien und andere Stoffe wohl in deinen Nährböden sind. Meine Idee war nämlich, dass die Glucke womöglich an der Herstellung der Enzyme scheitert, welche die Zellulose zerlegen.
Soweit ich mich erinnere, wird Zellulose in mehreren Schritten von verschiedenen Enzymen zerlegt, welche das Myzel aus Aminosäuren zusammensetzt. Bei Enzymen kommen dann meist noch Metallionen dazu, die sich in das Enzym einfügen und es sozusagen aktivieren. Zur Glucke habe ich auf die Schnelle nichts finden können, jedoch ist bei den Cellulasen anderer Pilze oft ein Kobalt-Ion (Co2+) nötig.
Die Aminosäuren sollten ja als Proteine in der Hefe vorhanden sein, ebenso Mineralien und Spurenelemente wie Kobalt.
Apropos Mineralien und Spurenelemente, dein Weizenmehl hat pro 100g einen Ascheanteil von 405mg, bei 20g Mehl pro Liter Agar macht das ca. 80mg/l. Bierhefe sollte grob geschätzt einen Ascheanteil von ca. 10% haben, das wären dann zusätzlich ca. 1g/l bzw. 1000mg/l Asche. Wenn wir davon ausgehen, dass die Asche zum großen Teil aus Mineralien besteht, ist das für ne Glucke nicht wirklich viel, aber auch nicht extrem wenig.
Bleiben noch die B-Vitamine. Die gibt es auch in der Hefe, aber es hängt vom pH-Wert und der Sterilisationsdauer ab, wieviel am Ende noch übrig ist.
Tja, wenn man nicht gerade alle Vitamine gründlich totgekocht hat, sollte eigentlich alles vorhanden sein, was direkt oder indirekt am Aufbau der Enzyme beteiligt ist.
Da landet man dann bei den Anmerkungen, die Fabian gerade gemacht hat, bzgl. der genauen Art der Zellulose und den temporär abgeschalteten Genen.
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Re: Gluckenexperimente

Beitrag von malda » Sonntag, 09. Mai 2021 06:02

Ein Detail das ihr ansprecht ist vielleicht wichtig, vielleicht aber auch nicht. Ich verwende keine mikrokristalline Cellulose (da fehlt mir der Zugang) sondern das hier
https://www.amazon.de/Giotto-6860-00-Pa ... 134&sr=8-6
Sollte das ein Problem sein? :?:

Übrigens habe ich kurze Zeit später nochmal das gleiche Experiment mit einer Glucose-verwöhnten Glucke gemacht. Wenngleich es Detailunterschiede gibt bleibt das Ergebnis gleich. Meine Idee zur Verwendung der ausgehungerten Glucke war, dass höchstwahrscheinlich auch die Glucke der Katabolit-Represssion unterliegt (was scheinbar für alle Basidiomyceten zutrifft). D.h. vereinfacht, wenn viel Glucose da (o.a. leicht verwertbaren Kohlenstoff-Quellen) dann kein Holzabbau. Ich wollte der Glucke einfach gute Startbedingungen geben, so dass sie ihren Stoffwechsel leichter anpassen kann...
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Re: Gluckenexperimente

Beitrag von Mycomane » Sonntag, 09. Mai 2021 20:03

Na ja, ich weiß nicht genau woraus diese "Papier Mache" wirklich besteht. :|
Meine mich daran zu erinnern, dass bei der Papierherstellung irgendwie ein Teil des Lignins entfernt wird.
Würde aber nicht darauf schwören.
Wenn es im Papier am Ende nur noch reine Zellulose wäre, "müßte" man es vermutlich nicht bleichen.
Es sei denn das Bleichen macht man nur bei Recycling Papier wegen der Drucker-Farbe. Das weiß ich nicht.
Könnte auch sein, dass Papier normalerweise aus Holz gemacht wird, das von sich aus schon recht hell ist.
Klar, kann die Glucke auch Holz mit Lignin teilweise abbauen, aber vermutlich könnte das Lignin etwas stören bzw. der Zelluloseabbau könnte dadurch vielleicht langsamer sein als ohne Lignin.
Meine Idee zur Verwendung der ausgehungerten Glucke war, dass höchstwahrscheinlich auch die Glucke der Katabolit-Represssion unterliegt (was scheinbar für alle Basidiomyceten zutrifft). D.h. vereinfacht, wenn viel Glucose da (o.a. leicht verwertbaren Kohlenstoff-Quellen) dann kein Holzabbau.
Ja, genau so etwa hab ich mir das auch gedacht.
Ich wollte der Glucke einfach gute Startbedingungen geben, so dass sie ihren Stoffwechsel leichter anpassen kann...
Ja, das macht auf jeden Fall Sinn. So ähnlich meinte ich die Sache mit dem Fett. Auch wenn es beim Fett noch etwas komplizierter ist.
Aus Fett kann keine Glukose aufgebaut werden, auch wenn viel Energie drin steckt.

LG, Fabian
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Re: Gluckenexperimente

Beitrag von malda » Dienstag, 11. Mai 2021 11:55

Mycomane hat geschrieben: Sonntag, 09. Mai 2021 20:03 Aus Fett kann keine Glukose aufgebaut werden, auch wenn viel Energie drin steckt.
Ne, das sollten Pilze eigentlich können #Klugscheißmodus an# bei Fetten/Fettsäuren können sie über den Glyoxylat Zyklus und die Gluconeogenese Einfachzucker herstellen #Klugscheißmodus aus#
:wink:
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