Kann Myzel ewig weiterwachsen?

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GermanOi
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Kann Myzel ewig weiterwachsen?

Beitrag von GermanOi » Mittwoch, 10. Februar 2016 13:17

Hallo Forum,
die Frage steht eigentlich schon im Betreff. Ich konnte weder im Internet noch in meinem Buch über Pilzanbau eine Antwort finden.
Kann das Myzel ewig weiter wachsen? Angenommen ich habe einen durchwachsenen Baumstamm, der schon Fruchtkörper hervorbringt: Könnte man nicht einfach einen weiteren Baumstamm an den Durchwachsenen heranstellen, so dass das Myzel ewig weiter wächst und mit Nährstoffen versorgt ist?

Da ich so etwas nirgends finden konnte, nehme ich an, dass so etwas nicht geht. Die Frage ist aber: Warum nicht?

Vielen Dank für Eure Hilfe!
Faulpilz
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Re: Kann Myzel ewig weiterwachsen?

Beitrag von Faulpilz » Mittwoch, 10. Februar 2016 17:45

Ich kann dir nur als Laie antworten, aber evolutionär gesehen hätte ein unendlich wachsender Pilz nicht überlebt, da im Konkurrenzkampf mit anderen Pilzen oder Mikroorganismen irgendwann am Standort die Nahrung ausgegangen wäre und der Pilz an die Grenze seines Wachstums gekommen wäre. An den Rand des Waldes oder der Insel oder zeitlich, bevor neue Holznahrung von den Bäumen gebildet wurde. Also überlebte nur ein Pilz, wenn er "bewegliche" Dauerstadien/Sporen bildete, die einen neuen nahrhaften Standort finden konnten. D.h. unendlich wachsende Pilze hätten evolutionär nicht überlebt. Es ist auch eine Art von Symbiose, dass holzzerstörende Pilze Platz für neue Bäume/neue Nahrung schafften, indem sie Baumleichen entfernten.

Ist aber eine spannende Frage ob der "eigenprogrammierte Zelltod" (Apoptose) und Zelltod (Nekrose) nach Umwelteinflüssen auch bei Pilzen vorkommt. Wenn ich mit
Apoptose Pilze
eine Suchmaschine anwerfe, bekomme ich >67.000 Ergebnisse (wobei da wohl auch Ergebnisse dabei sind, wenn eventuell Pilze an der Apoptose anderer Organismen beteiligt sind). Etwa der mykologisch seeeeehr interessante Aufsatz von Andrea Hamann, Heinz D. Osiewacz:" Programmierter Zelltod auch im Reich der Pilze"".

Danach gälte die Apoptose als "evolutionär altes Schutzprogramm" (...) das zelluläre Defizite erkennt und (...) einen kontrollierten Zelltod einleitet". So würde der "programmierte Zelltod" auch von Konkurrenzpilzen im Kampf um Nahrung ausgelöst. Sehr spannend, was sich da so alles auf kleinster Ebene abspielt...
GermanOi hat geschrieben:Da ich so etwas nirgends finden konnte, nehme ich an, dass so etwas nicht geht. Die Frage ist aber: Warum nicht?
Der erzwungene Tod ist evolutionär als Überlebensstrategie der Spezies eingeplant oder Voraussetzung zum evolutionären Überleben.
Lieber myzelsüchtig als mieselsüchtig.
Björn
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Re: Kann Myzel ewig weiterwachsen?

Beitrag von Björn » Mittwoch, 10. Februar 2016 21:47

Da muss ich grundsätzlich erstmal zustimmen. Die Natur hat das schon absichtlich so eingerichtet mit dem absterben, wenn die Zellen sich nämlich einfach nur immer wieder und wieder Teilen entstehen mit der Zeit Fehler in der DNA, was irgendwann beispielsweise entweder Wucherungen, Funktionslosigkeit oder andere schwerwiegende Veränderungen zur folge haben kann. Gelernt habe ich das ganze zwar eigentlich über den Menschlichen Körper, es ist aber grundsätzlich auf alle Lebensformen übertragbar. ^^

Dazu kommt noch, dass du wahrscheinlich bei der von dir gedachten Methode irgendwann eine Kontamination durch Bakterien oder andere Pilze usw. nicht mehr verhindern könntest.
GermanOi
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Re: Kann Myzel ewig weiterwachsen?

Beitrag von GermanOi » Mittwoch, 10. Februar 2016 22:25

Erst einmal vielen Dank für die Antworten.

Wäre es Evolutionär gesehen nicht aber doch viel schlauer gewesen so lang weiter zu wachsen und Fruchtkörper zur Vermehrung zu bilden, bis keine Nährstoffe mehr zu finden sind? Warum sollte ein toter Baum nur zur Hälfte verbraucht werden und nicht vollständig?

Die Fehler, die bei der Zellteilung in der DNA entstehen, leuchten mir ein. Aber:

"Im Jahr 2000 wurde aufgrund eines zunächst rätselhaften Waldsterbens im Malheur National Forest (Oregon, USA) das riesige Myzel der Hallimaschart Armillaria ostoyae (Dunkler Hallimasch) entdeckt. Es erstreckt sich über eine Fläche von rund 9 Quadratkilometern (900 Hektar), womit es unter diesem Aspekt das größte Lebewesen der Welt ist. Es ist auch der größte bekannte lebende Pilz. Sein Alter wird auf 2.400 Jahre und sein Gewicht auf ca. 600 Tonnen geschätzt. Der größte Hallimaschklon Europas – ebenfalls A. ostoyae – wurde 2004 in der Schweiz beim Ofenpass entdeckt. Er ist im Durchmesser 500 bis 800 Meter groß, bedeckt eine Fläche von 35 Hektar und ist etwa 1.000 Jahre alt."
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Hallimasc ... llimaschen

Bei diesem Pilz scheint es ja auch zu funktionieren.

Die Sache mit der Kontamination leuchtet mir auch ein, aber dem könnte man eventuell Vorbeugen, indem man immer nur kleine Holzscheiben dazu gibt, in denen sich andere Bakterien und andere Pilze nicht / wenig durchsetzten können. Einfacher wäre dies wohl beim Anbau auf Stroh.
Faulpilz
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Re: Kann Myzel ewig weiterwachsen?

Beitrag von Faulpilz » Donnerstag, 11. Februar 2016 19:22

GermanOi hat geschrieben:"Im Jahr 2000 wurde aufgrund eines zunächst rätselhaften Waldsterbens im Malheur National Forest (Oregon, USA) das riesige Myzel der Hallimaschart Armillaria ostoyae (Dunkler Hallimasch) entdeckt. Es erstreckt sich über eine Fläche von rund 9 Quadratkilometern (900 Hektar), womit es unter diesem Aspekt das größte Lebewesen der Welt ist. Es ist auch der größte bekannte lebende Pilz. Sein Alter wird auf 2.400 Jahre und sein Gewicht auf ca. 600 Tonnen geschätzt.
Und wer hat gezählt, ob das nicht vielleicht doch 7.233,721.567 verschiedene Hallimasche der gleichen Sorte sind?!? Ich glaube die Meldung ist unseriös. Sagen wir mal dieser Pilz hat irgendwo angefangen und sich weiter vermehrt und alter Pilz ist abgestorben, dann sind alle gefundenen Mycelien gleich alt, aber nicht unbedingt EIN Organismus.

Ich hab jetzt mal die Datenquelle durchgelesen. Sie fanden in einem Gebiet nur 5 genetisch unterschiedliche Hallimasche. Wenn man weiß, dass Bananenstauden prinzipiell nur durch Abstecher quasi geklont werden und rund 99% aller Kulturbananenstauden von der gleichen Sorte Cavendish abstammen und genetisch gleich sind, kann man auch nicht sagen, die Kulturbanane ist der größte Organismus... (das ist auch das Problem der Bananenkultur, taucht ein angepasster Schädling auf, stirbt die Hauptsorte mit einem Schlag aus, siehe Bananenkrankheiten bei Wikipedia)
Zuletzt geändert von Faulpilz am Donnerstag, 11. Februar 2016 19:44, insgesamt 3-mal geändert.
Lieber myzelsüchtig als mieselsüchtig.
Faulpilz
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Re: Kann Myzel ewig weiterwachsen?

Beitrag von Faulpilz » Donnerstag, 11. Februar 2016 19:26

GermanOi hat geschrieben:Wäre es Evolutionär gesehen nicht aber doch viel schlauer gewesen so lang weiter zu wachsen und Fruchtkörper zur Vermehrung zu bilden, bis keine Nährstoffe mehr zu finden sind? Warum sollte ein toter Baum nur zur Hälfte verbraucht werden und nicht vollständig?
Die so gewachsen sind, mutierten schneller (und wurden vielleicht vom Hallimasch zum Erdstern), aber die laaaaaaaaange Zeit der Evolution ließ diese Art verschwinden. Hat sich mit ihrer Strategie einfach nicht behaupten können.

Schnell mal ein paar Tausend Million Kinder (Sporen) in die Welt setzen und das Überlebens-Risiko streuen ist die bessere Strategie. Sie ließ Pinguine überleben, obwohl es gefräßige Haifische gibt, oder Nacktschnecken (mit bis zu 400 Eiern pro Tier).
Lieber myzelsüchtig als mieselsüchtig.
Fungus austriacus
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Re: Kann Myzel ewig weiterwachsen?

Beitrag von Fungus austriacus » Dienstag, 16. Februar 2016 20:37

Jetzt muss ich auch mal meinen Senf dazu abgeben:-)

@Faulpilz
Prinzipiell ist es kein Wiederspruch, dass ein Organismus z.B. Pilz gleichzeitg unbegrenzt weiter wachsen kann und bewegliche Stadien bilden kann. Das gibt es bei vielen Bäumen aber auch bei den Schwämmen.

Außerdem muss ich anmerken, dass ein Pilz der 900 Hektar groß ist nicht zu 100% genetisch ident ist. Es kommt bei der Zellteilung immer wieder zu Mutationen, wodurch sich Änderungen akkumulieren. Daher gibt es auch in dem Individuum selbst eine gewisse Konkurenz zwischen den unterschiedlichen Zelllinien und es setzen sich die stärkeren Zellen durch.
Björn hat geschrieben:Gelernt habe ich das ganze zwar eigentlich über den Menschlichen Körper, es ist aber grundsätzlich auf alle Lebensformen übertragbar. ^^
Dem kann ich überhauptnicht zustimmen. Apoptose gibt es nur bei Mehrzellern (bei allen andern hat es keinen Sinn), Mutationen sind von der Natur gewünscht und werden aktiv von Organismen hervorgerufen!!! sind schließlich Evolution und meist der einzige Weg weiterhin konkurenzfähig zu bleiben.
Faulpilz hat geschrieben:Und wer hat gezählt, ob das nicht vielleicht doch 7.233,721.567 verschiedene Hallimasche der gleichen Sorte sind?!?
Einmal eine Prinzipielle Begriffserklärung: Eine Sorte ist eine vom Menschen gezüchtete Form und kommt in der Natur nicht vor. In diesem Fall müsste man von Verschiedenen Individuen, der Gleichen Art reden, oder du meinst Klone
versschiedene Individuen entstehen durch geschlechtliche Vortpflanzung=> haben deutliche Unterschiede in der Erbinformation. Solche unterschiedliche Individuen bilden keinen gemeinsamen Köper sondern Stoßen sich ab und bilden eine Grenze, so wurde das übrigen auch nachgewiesen. Man hat in gewissen Abständen Proben entnommen und diese neben einander Kultivert, wenn sie zusammen gewachen sind sind sie vom gleichen Individuum, wenn sie eine Grenze gebildet haben kamen sie von unterschiedlichen Individuen
Faulpilz hat geschrieben:GermanOi hat geschrieben:
Wäre es Evolutionär gesehen nicht aber doch viel schlauer gewesen so lang weiter zu wachsen und Fruchtkörper zur Vermehrung zu bilden, bis keine Nährstoffe mehr zu finden sind? Warum sollte ein toter Baum nur zur Hälfte verbraucht werden und nicht vollständig?


Die so gewachsen sind, mutierten schneller (und wurden vielleicht vom Hallimasch zum Erdstern), aber die laaaaaaaaange Zeit der Evolution ließ diese Art verschwinden. Hat sich mit ihrer Strategie einfach nicht behaupten können.
Das kann man nicht allgemein sagen, es gibt viele Organismen die sich rein Klonal fortpflanzen (diverse Insekten(Läuse), Farne, diverse Pflanzen, Archeen, Bakterien, Viren(ich weiß ist kein Lebewesen)...) und sind damit oft sehr erfolgreich. Und bei den Mammutbäumen wirst wohl auch du zugeben, dass das kein Verband aus mehreren Bäumen ist oder? und die sind nachweißlich auch mehrere Tausend Jahre alt.
Außerdem ist die Mutationsrate nicht von der Fortpflanzungsart abhängig, ist eher eine Art- und Einflussspezifische Zahl.
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