Grundlagen Mycologie Genetik und Zucht

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Patrickxyz

Grundlagen Mycologie Genetik und Zucht

Beitrag von Patrickxyz » Mittwoch, 15. März 2023 16:09

Hallo ich habe einige sehr Grundsätzliche Fragen zur Fortpflanzung und dem Lebenszyklus von Pilzen.
Es soll um die Basidiomyceten gehen zu denen ja wohl die meisten Speisepilzsorten zählen.

Leider ist es schwer für mich in der vorrangig englischsprachigen Fachliteratur zusammenhängende Erklärungen auf meine Fragen zu finden. Vielleicht kann hier jemand mit mir, in Form einer Konversation oder dem Verlinken von entsprechendem Infomaterial , die Fragen klären.
Ich verwende hier Fachtermini für die ich keine besseren Worte finde ,ob ich diese immer fachlich korrekt verwende ist sehr fraglich. Ich hoffe man versteht die Inhalte trotzdem und korrigiert es wenn Dinge zu sehr durcheinander gebracht werden.

1. Matingtypes.
Ich gehe jetzt erstmal von der wohl vereinfachten Variante der Matingtypes aus die in ihrem Genom nur einen lokalen Ort besitzen der den Paarungstyp MatX oder MatY definiert.
Wie steht das in Zusammenhang mit dem Stammbaum und der Systematik des Individuums ?
Welche Individuen welcher Stammbäume teilen sich den Matingtypelocus?

2. Es scheint eine etwas komplexere Variante der "Matingtypes" zu geben bei denen im Genom mehrere unterschiedliche Matingtypeloci bestehen und daher viel mehr Kombinationsmöglichkeiten zur Paarbildung möglich sind als bei nur einem Locus. Also z.b. MatXYZ MatZXY MatYZX usw. desto mehr Loci umso mehr Möglichkeiten. In einem englischen Text war die rede davon das viele Basidiomyceten so viele unterschiedliche Loci besitzen das sich praktisch so gut wie alle Zellkerne miteinander Paaren können.
Weis dazu jemand genaueres ?
Wenn das so ist dann würde dies aber auch bedeuten das einige Zellkerne (durch größere Übereinstimmung oder größere Unterschiede im Code der Mate.loci ) eine größere oder geringere Affinität zu einander hätten.
Dies könnte relevant sein wenn es um "Neupaarungen" und\oder Aufspaltung von Hyphen geht.

3. Wie verhält sich ein sekundäres Mycel eigentlich genau ?
Unter welchen Umständen "verzweigt" sich eine Hyphe ?
Unter welchen Umständen "vernetzen" sich zwei Hyphen mit jeweils absolut identischer Genetik , oder aber unterschiedlicher Genetik.
Was passiert dabei , gibt es Neupaarungen also treffen sich zwei Hyphen und entstehen daraus zwei neue Abzweige mit neu gepaarten Zellkernen ? und wenn was entscheidet wie neu kombiniert wird ?

Es wird doch immer von den aussergewöhnlich effizienten Transportmechanismen in Pilzmycelien berichtet , das funktioniert aber doch nur wenn tatsächlich ein sehr stark miteinander verbundenes Netzwerk besteht.
Und das ist doch nur dann möglich wenn sich auch unterschiedlich gepaarte Hyphen verbinden können.

4. Solange diese Fragen für mich unbeantwortet sind ziehen sie weitere Fragen nach sich wie :
Ist ein Pilz (Basidiomycete) als Gesammtorganismus vielleicht grundsätzlich so etwas wie eine Chimäre oder ein genetisches Mosaik ?

Oder trifft dies (nur oder überhaupt) eventuell auf bestimmte zusammenhängende "Organe" (temporär spezialisierte und in Zusammenhang stehende Zellen und Strukturen) wie z.B. Rizhomorphes Mycel , Basidiocarp (Fruchtkörper"ständer") oder Sklerotien zu ?

5. Und meine ,auf absolut Laienhaften und auf absolut wackligen Grundlagen basierenden (eventuell vollkommen falschen!!! ) , Spekulationen gehen noch weiter ...
Wenn es so wäre das ein Pilzorganismus per se oder in Teilen den Charakter eines genetischen Mosaik hätte ,wäre es dann nicht auch möglich das dieses Mosaik ( im Gegensatz zu anderen Organismen in denen sowas vorkommt )
tatsächlich die Fähigkeit haben könnte ,über die direkt miteinander verbundenen Zellen ,Geninformation im Netzwerk auszutauschen oder bereit zu stellen ?
Soweit ich weis sind die Trennwände zwischen den einzelnen Hyphen durchlässig für kleinere Organellen aber auch Nährstoffe und sicher auch Botenstoffe . Aber wie ist es mit RNA ? Oder fertigen Proteinen ?

Wenn der Pilz in der Lage wäre genetische Informationen ,die zwar in einem Zellkern des Mosaik lokal gebunden gespeichert sind ,per RNA an Orte zu transportieren an denen sie gebraucht wird um dann dort von den entsprechenden Zellorganellen verarbeitet und von der Zelle verwendet zu werden ?

Wenn das auch nur ansatzweise irgendwie zutrifft hätte das eventuell praktische Relevanz bei der Zucht von Pilzstämmen und dem Verständnis verschiedener zumindest mir unerklärbaren Phänomene die bei dem Anbau von Pilzen eintreten können.

Wie gesagt ich würde mich freuen wenn mir dazu jemand etwas sagen oder verlinken kann.
Danke
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Re: Grundlagen Mycologie Genetik und Zucht

Beitrag von Mycelio » Montag, 20. März 2023 00:42

Hallo Patrick,

ich finde das Thema äußerst spannend, kann dir aber leider keine exakten Antworten auf deine Fragen geben, fürchte auch, dass es die gar nicht gibt. Ich bin nämlich auch immer wieder darauf gestoßen, dass die Geschichte von den gegensätzlichen Paarungstypen und deren Fusion als Voraussetzung für die Fruchtung bloß ein vereinfachtes Beispiel ist. In der Realität scheinen sich manche Gattungen bzw. einzelne Arten über die Lehrbücher hinwegzusetzen. D.h. es gibt Pilzarten, die ungepaart und einkernig fruchten können, bei manchen können ganze Zellkerne durch das Myzel wandern, bei manchen sind mehr als zwei verschiedene Zellkerne im Netzwerk vorhanden. Manchmal gibt es auch mit wenigen Loci trotzdem irrsinnig viele Paarungstypen, weil an jedem Locus hunderte verschiedene Genvarianten auftreten können.
Die "effizienten Transportmechanismen" sehe ich eher in eine Richtung laufen, also z.B. vom Myzel in die Primordien/Fruchtkörper. Dort strecken sich anfangs die Zellen, später muss mahr und mehr Wasser verdunstet werden, damit Zellplasma mit neuen Nährstoffen nachgeliefert werden kann.
Wie Symbionten Mineralien zur Baumwurzel liefern und gleichzeitig den dort aufgenommenen Zucker im Myzel verteilen, ist mir allerdings ein großes Rätsel.

Wenn man wüsste, um welche unverständlichen Phänomene beim Anbau von Pilzen es dir geht, könnte man evtl. mit konkreteren Infos aushelfen.

Grüße, Carsten
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